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Special | Asien-Pazifik | Global Gateway

Global Gateway im Asien-Pazifikraum

Die EU hatte bereits 2018 eine EU-Asien-Konnektivitätsstrategie ins Leben gerufen. Global Gateway baut nun darauf auf und setzt Schwerpunkte in Entwicklungsländern. 

Für die Region Asien-Pazifik hat die EU insgesamt 19 Flagship-Projekte ausgewählt. Bisher hat die EU nur ein Investitionsziel für die ASEAN-Region in Höhe von 10 Milliarden festgelegt. Wichtige Global-Gateway- Leuchtturmprojekte für 2023 befinden sich in Zentralasien.

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  • Deutschland prägt Global Gateway in Indien

    Ab 2024 entstehen die ersten beiden Leuchtturmprojekte der EU-Infrastrukturinitiative in Indien. Ihr Erfolg hängt wesentlich von deutschen Geldgebern ab. (Stand: 13.12.2023)

    Selbst für die Delegierten der EU-Kommission in New Delhi ist Global Gateway noch Neuland: Von den 87 gelisteten Global-Gateway-Leuchtturmprojekten des Jahres 2023 weltweit war kein einziges in Indien verortet.

    Franck Viault, Leiter des Kooperationsprogramms der EU-Delegation in Indien und Bhutan, liefert die Erklärung: "Die EU-Delegation in Indien war in diesem Jahr noch kein Mitglied von 'Team Europe'." Da Global Gateway mit sogenannten Team-Europe-Initiativen einem Zusammenschluss von EU-Institutionen, EU-Mitgliedsstaaten und europäischen Entwicklungsbanken – umgesetzt wird, tauchte Global Gateway in Indien bislang nicht auf. Ab 2024 ändert sich das: Mit der EU-Kommission, Deutschland, Frankreich und den Niederlanden besteht das Team Europe in Indien zu Beginn aus vier Mitgliedern. Andere EU-Staaten haben bisher wenig oder kein Interesse an Global Gateway in Indien und einer Team-Europe-Beteiligung dort gezeigt.

    EU-Staaten formen Global Gateway

    Insgesamt rund 80 Millionen Euro hat die EU-Kommission im Jahr 2023 in verschiedene Infrastrukturcluster wie nachhaltige Urbanisierung, erneuerbare Energien oder Wasserversorgung investiert. Das ist wenig – im Vergleich zu den Infrastrukturförderungen der Europäischen Investitionsbank (EIB, European Investment Bank) und der einzelnen EU-Mitgliedsstaaten: Mit deren Mitteln laufen 2023 zahlreiche Projekte mit einem Gesamtvolumen von rund 15,5 Milliarden Euro. Die Einzelprojekte gehören vor allem zu den Clustern Transport, Energie, Wasserversorgung und Landwirtschaft. Die zahlreichen Einzelprojekte zu erfassen und dann unter das Dach "Global Gateway" zu bringen, ist nun eine Kernaufgabe der EU-Kommission in Neu-Delhi. Global Gateway in Indien ist damit vor allem ein gemeinsames und sichtbares Label europäischer Investitionen im Infrastrukturbereich.

    Die 15,5 Milliarden Euro stammen nur zu insgesamt knapp 30 Prozent von der EU und ihrer Hausbank, der EIB. Mehr als 70 Prozent der geförderten Infrastrukturen finanzieren vier Geldgeber dreier Mitgliedsstaaten: Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) und die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die französische Agentur für Entwicklung (AFD, Agence française de développement) und die niederländische Bank für unternehmerische Entwicklung (FMO, Financierings-maatschappij voor Ontwikkelingslanden). 

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    Hälfte der Investitionen stammt aus Deutschland

    Die führende Rolle unter den europäischen Entwicklungsbanken spielt die deutsche KfW. In Form zinsgünstiger Kredite fördert die KfW sogenannte "Green Energy Corridors" und damit den zügigen Ausbau erneuerbarer Energien in Indien. Entlang der mittlerweile 7.770 Kilometer langen Korridore entstehen Solar- und Windkraftprojekte sowie neue Stromleitungsnetze. Energiespeicher sind ein weiteres großes Thema. Im Jahr 2023 unterstützt die KfW laufende Projekte und Projektplanungen in Indien mit rund 7,8 Milliarden Euro. "Deutschland gibt das meiste Geld. KfW und GIZ gehören dabei zu den wichtigsten europäischen Akteuren. Die GIZ ist federführend dabei, um Indiens grüne Transformation voranzubringen", resümiert Laurent Le Danois, ein Teamleiter der EU-Delegation.

    Nach Recherchen der EU-Delegation in New Delhi belaufen sich die finanziellen GIZ-Leistungen in den laufenden Projekten des Jahres 2023 zwar nur auf rund 415 Millionen Euro. Doch die technische Expertise und der hochqualifizierte Personaleinsatz in zahlreichen Projekten zur umweltverträglichen Transformation Indiens sind weit bedeutender.

    EU plant zwei Leuchtturmprojekte in Indien für 2024

    "Für das Jahr 2024 sind wir endlich so weit, in Indien zwei Cluster mit Leuchtturmprojekten für Europas Konnektivitätsprogramm zu identifizieren und voranzubringen", sagt Laurent Le Danois. Der erste Cluster umfasst Projekte für nachhaltige Urbanisierung – dazu gehört besonders der U-Bahn-Bau. Der zweite Cluster fördert erneuerbare Energien und damit direkt die Energiewende in Indien.

    Grundlage der Global-Gateway-Leuchttürme sind ebenfalls bereits bestehende Aktivitäten: Bis 2023 förderten EU-Kommission, EIB und die EU-Mitgliedsstaaten nachhaltige Urbanisierung – vom U-Bahn-Bau bis zur intelligenten Verkehrsplanung – mit knapp 8,2 Milliarden Euro. Den größten Anteil daran stellen die KfW-Bank mit über 4 Milliarden Euro an Fördermitteln und die EIB. Diese vergab rund 3 Milliarden Euro an niedrig verzinsten Krediten für U-Bahnsysteme in indischen Städten. In Projekte, die ab 2024 zum zweiten Leuchtturmprojekt – der Förderung von Indiens Energiewende – gehören sollen, waren 2023 insgesamt rund 4,8 Milliarden Euro europäisch investiert. 

    Beide Cluster zusammen enthalten über 80 Prozent der Projektmittel, welche EU und Mitgliedsstaaten in Indien derzeit einbringen. Weitere Themen der europäischen Infrastrukturförderung in Indien sind unter anderem Wasserversorgung, Digitalisierung, Landwirtschaft und Standards für nachhaltige Finanzierung.

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    Mapping soll Firmen den Einstieg in Projekte ermöglichen

    "Je genauer wir dokumentieren, wieviel Geld für welche Projekte in welchen Clustern ausgegeben wird, desto genauer kann ein europäisches Unternehmen erkennen, wo es in Indien aktiv werden kann", sagt Laurent Le Danois. Anhand des Mappings sollen sich deutsche und andere europäische Unternehmen künftig über die bestehenden und geplanten Vorhaben informieren können. Die EU hofft, so Unternehmen für Public-private-Partnerships im indischen Infrastrukturbau zu gewinnen. Welche Projekte 2024 zusätzlich zu den laufenden oder bereits geplanten Vorhaben der EU, der EIB und der nationalen Entwicklungsbanken im Rahmen von Global Gateway gefördert werden, ist noch nicht bekannt.

    Von Marcus Hernig | Bonn

  • Global Gateway nimmt in Vietnam alle seine Kräfte zusammen

    Der Fokus der geplanten EU-Projekte liegt vor allem auf dem Energiesektor. Die deutsche KfW finanziert gleich zwei der drei Leuchtturmprojekte im Land. (Stand: 28.11.2023)

    Die EU will im Rahmen ihrer Konnektivitätsinitiative Global Gateway 10 Milliarden Euro bis zum Jahr 2027 für Projekte in Südostasien mobilisieren. Ein besonders bedachtes Land ist Vietnam. Für die Region des Staatenbundes Association of Southeast Asian Nations (ASEAN) existieren zwei Team Europe Initiativen (TEI) – eine zu Nachhaltiger Konnektivität und eine Grüne Initiative, beide mit deutscher Beteiligung. 

    Passend zur zweiten TEI legt die EU in Hinblick auf Global Gateway den Schwerpunkt in Vietnam auf den Energiesektor. Vietnam ist eines der am stärksten vom Klimawandel betroffenen Länder in der Region. Der Bedarf, die Energiewirtschaft auf erneuerbare Energien umzustellen und die dafür notwendigen infrastrukturellen und regulatorischen Voraussetzungen zu schaffen, ist groß.

    Leuchtturmprojekte: Ausbau und Speicherung von erneuerbaren Energien

    Neben den Philippinen und Indonesien gehört Vietnam zu drei der zehn ASEAN-Staaten, die im Jahr 2023 von der EU mit Global-Gateway-Leuchtturmprojekten bedacht wurden – und das gleich dreimal.

    Erweiterung des Wasserkraftwerks Tri An

    Das in den 1980er Jahren von der Sowjetunion gebaute Wasserkraftwerk am Dong Nai Fluss hat eine Kapazität von 400 Megawatt. Nun soll das Werk in der südvietnamesischen Provinz Dong Nai um 200 Megawatt erweitert werden. Seine Wichtigkeit für die Stromgewinnung Vietnams markiert seine Abbildung auf dem 5.000 Vietnamesische-Dong-Schein (rund 20 Eurocent). 

    Die deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) plant dem staatlichen Stromanbieter Electricity Vietnam (EVN) einen substaatlichen Förderkredit für den Ausbau zur Verfügung zur stellen. Zurzeit steht nur noch die Genehmigung des Finanzierungsvorschlags durch die Commission for Management of State Capital at Enterprises (CMSC) aus. Im Jahr 2024 soll der Vertrag unterzeichnet und mit dem Bau des 140-Millionen-Euro-Projekts begonnen werden. Die Vertragsverhandlungen laufen bereits.

    Im Frühsommer 2023 kam es vor allem im Norden des Landes zu starken Dürren. Doch auch im Stausee des Wasserkraftwerks Tri An im Süden fielen die Wasserstände auf den niedrigsten Stand seit 13 Jahren, was vor allem verheerende Folgen für den Fischfang in der Region hatte, aber auch das Kraftwerk für kurze Zeit lahmlegte. Aufgrund der zunehmenden Dürreentwicklungen ist es umso wichtiger, auch andere erneuerbare Energiequellen in Vietnam zu fördern.

    Chancen für deutsche Firmen

    Die Beteiligung internationaler Baufirmen wird bei dem Projekt als recht niedrig eingeschätzt, da es sehr erfahrene vietnamesische Unternehmen gibt, die bei Projekten im Inland deutlich wettbewerbsfähiger sind. Chancen für deutsche Firmen könnten sich für Ausrüstungszulieferungen ergeben. Ausschreibungen der KfW werden vor allem im Bereich der spezialisierten Consultingdienstleistungen folgen. Dies lohnt es, im Auge zu behalten. 

    Mehr deutsche und europäische Beteiligungsmöglichkeiten im Bereich von Zulieferungen und Beratungsdienstleistungen sind beim Bau des Bac Ai Pumpspeicherkraftwerks (siehe unten) zu erwarten. Auch wenn europäische Firmen beim Aufbau von Pumpspeicherkraftwerken einiges an Erfahrung mitbringen, könnte starke Konkurrenz aus China lauern.

    Ausbau der Nearshore Windfarm Tra Vinh

    Hier setzt die angedachte Erweiterung des 48 Megawatt Windparks in der Provinz Tra Vinh an. Investoren des Windkraftwerks waren die koreanische ST International sowie die Mischfinanzierungsfazilität Climate Investor One (CI1), die von verschiedenen Gebern und Investoren, darunter auch der EU, finanziert wird. Der Windpark ging im Oktober 2021 in Betrieb. Somit konnte er noch von der staatlich garantierten Einspeisevergütung für erneuerbare Energien profitieren, die Ende 2021 auslief. Die Einspeisung neuer Kapazitäten ins Netz durch den angedachten Ausbau, über den bisher wenig bekannt ist, würde dagegen keine solch vorteilhaften Vergütungen mehr erhalten.

    Herausforderung für den Ausbau erneuerbarer Energien in Vietnam

    Die Unsicherheit über zukünftige Einspeisetarife ist groß und erschwert die Aufstellung eines rentablen Geschäftsszenarios für zukünftige Projekte wie die Tra-An-Windfarmerweiterung. Zurzeit gilt ein zu beantragender Übergangstarif – der nur halb so hoch ist wie noch bis Ende 2021. Es ist damit zu rechnen, dass in Zukunft ein neuer im Einzelfall auszuhandelnder Tarif greifen wird. Mehr Details – auch zum Zeitpunkt der Einführung - liegen zurzeit nicht vor.

    An Onshore-Windkapazitäten mangelt es nicht in Vietnam. Einige erneuerbare Energieprojekte mussten zeitweise vom Netz genommen werden und andere wurden bisher gar nicht erst angeschlossen. Ursache ist vor allem der Mangel an Speichermöglichkeiten sowie Übertragungs- und Verteilernetzen.

    Bau des Bac Ai Pumpspeicherkraftwerks

    Die erste Phase des 1,2 Gigawatt Pumpspeicherkraftwerkprojekts Bac Ai wurde im März 2021 abgeschlossen. Sie betraf vor allem Arbeiten am unteren Stausee. Für die zweite Projektphase unternehmen die vier Kofinanzierer – die EU, die Agence Française de Développement (AFD), die Europäische Investitionsbank (EIB), die KfW und die Japan International Cooperation Agency (JICA) – zurzeit eine Due-Diligence-Prüfung in Hinblick auf Finanzierung sowie Umwelt- und Sozialschutz.

    Die zweite Phase, das Hauptprojekt, wird sich auf die Bauarbeiten am oberen Stausee, die Abflusskanäle und das Kraftwerk konzentrieren. Sie soll in der 1. Hälfte des Jahres 2024 beginnen. Die Inbetriebnahme ist für Dezember 2030 angesetzt. Insgesamt werden die Kosten auf knapp über 900 Millionen Euro geschätzt. Die vier Entwicklungsbanken werden voraussichtlich jeweils 150 Millionen Euro einbringen, EVN weitere 300 Millionen Euro. Auch bei diesem KfW-Beitrag handelt es sich wieder um ein substaatliches Darlehen direkt an EVN.

    Laut Insidern gestaltet sich die Zusammenarbeit mit EVN vertrauensvoll. Probleme liegen dagegen eher in der Uneinigkeit der zuständigen vietnamesischen Ministerien sowie in einem mangelnden Entscheidungswillen öffentlicher Stellen. Hintergrund ist auch die derzeit laufende Antikorruptionskampagne der Regierung. Es ist das erste Pumpspeicherkraftwerk des Landes. Insgesamt sei bei einem solch komplexen Projekt Geduld gefragt.

    EU und G7-plus unterstützen Vietnam auf dem Weg zur Klimaneutralität

    Auch an einer TEI für Vietnam zum Thema Climate Resilient, Low-carbon Circular Economy ist Deutschland beteiligt. Durch Investitionen und technische Kooperation sollen Umweltkatastrophen vorhergesehen, verhindert und bewältigt werden. Zudem unterstützt Team Europe den Ausbau erneuerbarer Energien, Energieeffizienzsteigerungen sowie den Aufbau einer Kreislaufwirtschaft.

    Vietnam hat sich das Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu werden. Um das Land auf diesem Weg zu begleiten, wurde Ende 2022 eine Just Energy Transition Partnership (JETP) geschlossen. Im Rahmen der Partnerschaft stehen Vietnam in den kommenden Jahren weitere 15,5 Milliarden US-Dollar (US$) zur Dekarbonisierung im Energiesektor zur Verfügung.

    Im Rahmen des Global-Gateway-Forums in Brüssel im Oktober 2023 unterzeichneten Vietnam und die EIB eine Absichtserklärung zur Umsetzung des JETPs. Ziel ist es, eine multi-Projekt-Kreditfazilität im Umfang von 500 Millionen Euro einzurichten. Darüber hinaus wird die EU 16,6 Millionen Euro an technischer Hilfe für die französische AFD bereitstellen, um EVN bei der Vorbereitung und Durchführung von JETP-Projekten zu helfen. Auf politischer Ebene unterstützt die EU Energiesektorreformen, gerade auch zur Schaffung rechtlicher und technischer Voraussetzungen für erneuerbare Energien, Energieeffizienz sowie Übertragungsleitungen.

    Neben den Leuchttürmen werden auch weitere Vorhaben unter das JETP gefasst

    Projektname

    Details

    Erweiterung des Ialy Wasserkraftwerks

    Installation von zwei zusätzlichen 180-Megawatt-Turbinen, um Kapazität auf 1.080 Megawatt bis 2024 auszuweiten. Finanziert wird das Projekt in den Provinzen Kon Tum und Gia Lai u.a. von der französischen AFD.

    Unterseestromkabel zur Anbindung der Nam Chau Insel

    Mehr als 10 Kilometer langes Unterseestromkabel zur Versorgung von 107.858 Haushalten mit zuverlässiger Energie (vermehrt on-grid). Projekt scheint bereits seit 2020 fertiggestellt zu sein.

    Investitionen in harte und weiche Infrastruktur zur Vorbeugung und Bewältigung von Klimawandelrisiken

    Als Beispiel wird genannt: Projekt zur Anpassung an den Klimawandel und zur Widerstandsfähigkeit gegenüber Naturkatastrophen in der Provinz Dien Bien

    Quelle: EU-Kommission 2022, Recherchen von Germany Trade & Invest 2023

    Von Lisa Flatten | Hanoi

  • Global Gateway nimmt in Zentralasien Gestalt an

    Die EU-Konnektivitätsinitiative setzt 2023 in Zentralasien erste Projekte um. Eine Anschubfinanzierung mit zwei Paketen von jeweils 20 Millionen Euro steht. (Stand: 14.06.2023)

    Vier von weltweit 87 Leuchtturmprojekten will die EU im Rahmen von Global Gateway 2023 in Zentralasien auf den Weg bringen. Beim 2. EU-Zentralasien-Wirtschaftsforum am 18. und 19. Mai 2023 in Almaty gab Valdis Dombrovskis, EU-Kommissar für Handel und EU-Kommissionsvizepräsident, erste Maßnahmen bekannt. Damit setzt die EU ihre 2022 angekündigten Pläne zügig um.

    Team Europe will Hochleistungsinternet bauen

    Im Rahmen einer sogenannten Team-Europe-Initiative (TEI) will die EU die digitale Infrastruktur in der Region ausbauen. Ein Ziel ist die Verbesserung des Zugangs zu sicherem Internet durch Satellitenverbindungen. Dafür sollen Bodenstationen mit integrierten Internetknoten und grünen Datenzentren in Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Usbekistan mit bereits bestehender Breitbandinfrastruktur verbunden werden.

    Neben Investitionen in die Hardware wird die EU auch Reformen bei digitaler Verwaltung, Datenschutz und Cybersicherheit fördern. 60 Millionen Euro will die EU für das Hochleistungsinternet in Zentralasien investieren. Eine erste Tranche von 20 Millionen Euro soll Ende Sommer 2023 zur Verfügung stehen. Eine Gesamtsumme für diese TEI hat die EU bisher nicht kommuniziert, da diese von noch zu erwartenden Beiträgen der beteiligten EU-Mitgliedsländer abhängt.

    Das Vorhaben der EU, ein bereits im Schwarzen Meer von Bulgarien nach Georgien verlegtes Glasfaserkabel über Aserbaidschan und das Kaspische Meer nach Zentralasien zu verlängern, erfordert langfristige politische Abstimmung und wird zunächst von der EU nicht mit konkreten Maßnahmen unterlegt.

    Finanzierung von Global-Gateway-Projekten in Zentralasien

    Einen Teil der Finanzierung für Global-Gateway-Vorhaben stellt die EU im Rahmen ihres neuen Instruments Nachbarschaft, Entwicklung und internationale Zusammenarbeit (NDICI, kurz Global Europe genannt) zur Verfügung. Über die im Global-Europe-Instrument vorgesehenen Mehrjahresrichtprogramme MIP (Multiannual Indicative Programmes) stehen den Ländern in Zentralasien von 2021 bis 2024 rund 300 Millionen Euro an Fördermitteln zu.


    Mitte November 2022 sprach Josep Borrell sogar von 390 Millionen Euro, die der Region zwischen 2021 und 2024 über bilaterale und regionale Programme zur Verfügung stehen sollen. Darin enthalten sind zwei sogenannte Team-Europe-Initiativen (TEI) für die Region, für die die Konferenz in Samarkand offiziell den Startschuss gab. Als Team Europe werden die gemeinsamen Entwicklungsanstrengungen der Europäischen Kommission in Kooperation mit den EU-Mitgliedsstaaten und deren Finanzinstitutionen bezeichnet.

    Erneuerbare Energien stehen im Fokus der EU-Programme

    Der Energiesektor wird durch eine zweite Team-Europe-Initiative sowie mehrere konkrete Global-Gateway-Projekte unterstützt. Die TEI für Wasser, Energie und Klimawandel stellt 700 Millionen Euro - davon 200 Millionen Euro von der EU selbst finanziert - für die nachhaltige Nutzung von Wasser- und Energieressourcen, für Versorgungsnetze und zur Bewältigung von Umweltproblemen zur Verfügung. Auch für diese TEI wird im Sommer 2023 eine erste Tranche im Umfang von 20 Millionen Euro bereitgestellt.

    Zwei bereits mit Tadschikistan gestartete bilaterale Programme für Energie und Wasser sind ebenfalls im Rahmen der TEI zu sehen: das Sustainable Energy Support Programme (15 Millionen Euro) und das Rural Drinking Water Supply Sanitation Project (14 Millionen Euro).

    Darüber hinaus soll das sogenannte SECCA-Programm (Sustainable Energy Connectivity in Central Asia) mit seinem 6,8-Millionen-Euro-Budget zu einem nachhaltigen Energiemix, einer regionalen Energieintegration und zu Reformen im Bereich der erneuerbaren Energien beitragen.

    Die EU beteiligt sich in Tadschikistan zudem am Ausbau des 8 Milliarden US-Dollar (US$) teuren Rogun-Wasserkraftwerks. Seit 2016 wurden bereits 3 Milliarden US$ in das Kraftwerk investiert. Die EU wird nun 15 Prozent der verbleibenden 5 Milliarden US$ beisteuern.

    Im November 2022 verabschiedete die EU mit Kasachstan eine strategische Partnerschaft zu Rohstoffen, Batterien und erneuerbarem Wasserstoff. Die Zusammenarbeit soll Wertschöpfungsketten für erneuerbaren Wasserstoff und Batterien fördern, Standards angleichen und gemeinsame Projekte identifizieren. Eine im Mai 2023 unterzeichnete Roadmap of actions für 2023 und 2024 sieht die Zusammenarbeit zwischen industriellen Akteuren bei der Ermittlung und Durchführung gemeinsamer Investitionsprojekte vor.

    Global-Gateway-Projekt mit deutscher Beteiligung

    Passend zur europäisch-kasachischen Partnerschaft schlossen im Oktober 2022 die deutsch-schwedische Svevind Energy Group und die kasachische Regierung ein 50 Milliarden Euro schweres Investitionsabkommen. Konkret soll in der Mangystau-Region nahe der Hafenstadt Aktau am Kaspischen Meer unter dem Namen Hyrasia One eine der weltweit fünf größten Wasserstoffproduktionsanlagen entstehen.


    Mit Hilfe von Solar- und Windkraftwerken sollen hier ab 2030 jährlich 2 Millionen Tonnen grüner Wasserstoff produziert werden. Geplanter Baubeginn für den Solar- und Windpark mit einer Leistung von 40 Gigawatt ist 2027. Federführend bei der Umsetzung von Hyrasia One ist das kasachische Unternehmen Hyrasia Energy, Tochterfirma der Svevind Energy Group.

    EU prüft Ausbau von Verkehrskorridoren

    Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) bewertet derzeit im Auftrag der Europäischen Kommission bestehende und potenzielle neue Transportkorridore in Zentralasien auf Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien sowohl in Bezug auf physische Infrastruktur als auch auf regulatorische Rahmenbedingungen.

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    Vorläufiges Ergebnis der Studie: Das zentrale transkaspische Netz, das durch Südkasachstan verläuft (siehe Karte Route 2), wurde als nachhaltigste der drei untersuchten Optionen ermittelt. Sie ermöglicht eine weitere Entwicklung des regionalen Verkehrsnetzes und die Einbindung der wichtigsten Bevölkerungs- und Produktionszentren der fünf zentralasiatischen Länder. Der Gesamtinvestitionsbedarf zur deutlichen Verbesserung des transkaspischen Netzes wird auf rund 18,5 Milliarden Euro geschätzt. Bis Ende Juni 2023 will die Kommission die Studie abschließend veröffentlichen.

    Zudem möchte die EU ihr erweitertes transeuropäisches Verkehrsnetz (TEN-V) effektiver mit den fünf zentralasiatischen Staaten verbinden. Dabei sollen Verbindungen mit dem westlichen Balkan, der Türkei und den Ländern der östlichen Partnerschaft der EU, hauptsächlich in der Kaukasusregion, mitgedacht werden. Im Verlauf des Jahres 2023 ist eine Investorenkonferenz für den Ausbau des so genannten Mittleren Korridors in Zentralasien geplant.

    Diskussion um Ausbau des Mittelkorridors

    Um mit dieser Route langfristig eine Alternative zu den Eisenbahnverbindungen über Russland zu bedienen, ist einiges zu tun. Noch ist die mittlere Route zu langsam und zu teuer. Selbst Unternehmen, die den Mittleren Korridor als Alternative in Betracht ziehen, nutzen meist weiterhin die Nordroute, die Europa und China über Belarus und Russland verbindet.

    Bei dem Wirtschaftsforum in Almaty im Mai 2023 forderte die Wirtschaft deshalb einerseits von der europäischen Seite die Konzeption eines Strategieplans für einen voll funktionsfähigen Korridor, bevor der konkrete Ausbau erfolge. Andererseits sollten sich die beteiligten Länder um einen gemeinsamen Betreiber mit kommerziellem Interesse bemühen, der Standards für Warenabwicklung und -tracking, Tarifbildung, einheitliche, digitale Zollbestimmungen sowie die Kontrolle solcher Normen koordiniere. Wichtig sei der Abbau von "Flaschenhälsen" in den beteiligten Ländern, die den Weitertransport von Waren immer wieder verzögerten.

    Von Lisa Flatten, Edda Schlager | Bonn, Berlin

  • EU-Studie evaluiert Transportwege von Zentralasien nach Europa

    Die Studie legt der EU Schlüsselmaßnahmen zum Transportausbau nahe. Empfohlene Infrastrukturinvestitionen könnten Basis für weitere Global-Gateway-Projekte sein. (Stand: 28.09.2023)

    Mehr als 30 Transportinfrastrukturprojekte mit einem Investitionsumfang von rund 18,5 Milliarden Euro: Das könnte in den kommenden Jahren die Konnektivität der zentralasiatischen Länder untereinander und ihre Anbindung an europäische Transportnetze deutlich verbessern. Zu diesem Schluss kommt die Studie „Nachhaltige Transportverbindungen zwischen Europa und Zentralasien“. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) hatte diese im Auftrag der Europäischen Kommission durchgeführt und im Juni 2023 veröffentlicht. Die Studie ist eines von vier Leuchtturmprojekten der europäischen Konnektivitätsinitiative Global Gateway in Zentralasien.

    Analyse bestehender Verkehrsnetze und Vorschläge zum Ausbau

    Ziel der Studie war es, zum einen die nachhaltigsten Verkehrskorridore in Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan zu ermitteln. Die Transportrouten wurden auf Grundlage von Nachhaltigkeitskriterien bewertet. Dafür wurden ökologische, soziale, wirtschaftliche, fiskalische beziehungsweise schuldenbezogene Nachhaltigkeit sowie die politische Tragfähigkeit untersucht.

    Zum anderen schlägt die Studie Schlüsselmaßnahmen für die Entwicklung der ermittelten Korridore vor. Die empfohlenen Maßnahmen betreffen sowohl den Bau und Ausbau physischer Infrastruktur als auch regulatorische Rahmenbedingungen - in der Studie als harte und weiche Faktoren für Konnektivität charakterisiert.

    Als harte Faktoren gelten Investitionen in Eisenbahn, Straßen, Häfen und Seeverkehr, Logistik und intermodalen Verkehr sowie in Grenzübergänge. Weiche Faktoren sind rechtlich-regulatorische, institutionelle und politische Bedingungen, bi-/multilaterale Vereinbarungen sowie Digitalisierung. Beispiele dafür sind staatliche Investitionsstrategien oder Risikomanagementprogramme für Grenzkontrollpunkte. Sie können Institutionen, Vorschriften oder gar nationale Verkehrspolitik betreffen.

    Für die Studie wurden von Ende 2021 bis Mitte 2023 zahlreiche Stakeholder befragt, unter anderem Regierungsbehörden aller fünf zentralasiatischer Länder (Ministerien für Verkehr, Wirtschaft und Investitionen, Eisenbahn- und Straßenbehörden, Zollbehörden). Angehört wurden außerdem Verbände und Vertreter des Privatsektors in Zentralasien, Europa, im Kaukasus und in der Türkei, die EU-Mitgliedstaaten, EU-Delegationen in der Region, internationale Finanzinstitutionen, UN- Organisationen, NGOs und andere Interessengruppen.

    Der Fokus der Studie liegt auf dem Landverkehr (Schiene und Straße). Jedoch macht die Querung von Kaspischem und Schwarzem Meer auf dem Seeweg aus den Korridoren intermodale und interoperable Verkehrsverbindungen, deren rechtliche und regulatorische Besonderheiten ebenso analysiert wurden.

    Zentraler transkaspischer Korridor am nachhaltigsten

    Der transkaspische oder Mittlere Korridor durch Zentralasien und über das Kaspische Meer ist neben dem nördlichen Korridor durch Russland und dem südlichen Korridor durch Zentralasien und Iran eine von drei Landrouten quer über den Eurasischen Kontinent. Die Studie betrachtete den Mittleren Korridor noch einmal differenzierter mit seinen drei Strängen:

    1. Nördlicher transkaspischer Korridor durch Nordkasachstan
    2. Zentraler transkaspischer Korridor durch Südkasachstan
    3. Südlicher transkaspischer Korridor durch Kirgisistan, Usbekistan, Turkmenistan
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    Der zentrale transkaspische Korridor - auch zentral-kaspisches Netz (CTCN) genannt - wurde entsprechend der Kriterien Verkehr, Infrastruktur, Sozial- und Umweltverträglichkeit, Länderbewertung und wirtschaftliche Integration als nachhaltigste Option ermittelt. Er ermöglicht laut Studie eine umfassende Entwicklung des Verkehrsnetzes in der Region. So deckt er mit seinem Einzugsgebiet bis zu 600 Kilometer nördlich und südlich seiner Hauptroute alle fünf zentralasiatischen Länder und die wichtigsten Bevölkerungs- und Produktionszentren wie Almaty, Taschkent, Bischkek oder Duschanbe ab.

    Anbindung an transeuropäisches Verkehrsnetz der EU (TEN-V)
    Die in der Studie betrachteten transkaspischen Korridore schließen über die Länder der Östlichen Partnerschaft (Armenien, Aserbaidschan, Georgien, Moldau, Ukraine) und die Türkei an das erweiterte transeuropäische Verkehrsnetz der EU (TEN-V) an. Somit erhielten die 27 EU-Mitgliedstaaten und die Länder des westlichen Balkans (Albanien, Bosnien und Herzegowina, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien) Anbindung an Zentralasien.

    Regulatorische Maßnahmen fast wichtiger als Investitionen

    Zentrales Element der Studie sind Empfehlungen, um die Funktionalität des Verkehrsnetzes zu verbessern. Dazu gehört zum einen der konkrete physische Ausbau der Infrastruktur. Für jedes der fünf zentralasiatischen Länder wurde ein Katalog aus kurz-, mittel- und langfristigen Investitionsprojekten ermittelt, deren Umsetzung teilweise bereits im Gang ist. Beispiele dafür sind der Bau des Hafens Kuryk in Kasachstan oder der Bau der Eisenbahnverbindung zwischen China, Kirgisistan und Usbekistan.

    Überrascht zeigten sich die Macher der Studie darüber, dass nicht fehlende Infrastruktur oder Finanzierungen das größte Problem darstellen, sondern komplizierte Zollprozesse, unterschiedliches Regelwerk in Nachbarländern oder fehlende Abstimmungen noch problematischer erscheinen.

    Daher trägt die Studie auch Maßnahmen zusammen, um Vorschriften und Gesetze der Länder zu harmonisieren und insgesamt die Transparenz zu erhöhen:

    • Digitalisierung von Verkehrsdokumenten
    • Förderung der Interoperabilität,
    • Verbesserung des Umfelds für öffentlich-private Partnerschaften (PPP),
    • Handelserleichterungen,
    • Marktliberalisierung,
    • Verbesserung von Mechanismen zur Festsetzung von Tarifen,
    • Aufstockung der Mittel für Instandhaltung von Anlagen

    Ausbau soll Kapazität des Mittleren Korridors deutlich steigern

    Im Vergleich zum Seeweg durch den Suezkanal und zum Landkorridor über Russland ist der Mittlere Korridor bisher relativ unbedeutend. Dennoch geht die Studie davon aus, dass bei Umsetzung der empfohlenen Maßnahmen das Transitcontainervolumen auf dem CTCN von geschätzten 18.000 TEU im Jahr 2022 bis auf 865.000 TEU im Jahr 2040 ansteigen könnte. Von dieser Entwicklung würde nicht nur der Verkehr zwischen Europa und Asien profitieren, sondern auch das Wirtschaftswachstum und generell die Entwicklung Zentralasiens.

    Im Januar 2024 plant die EU ein Investorenforum in Brüssel, um die Umsetzung von in der Studie empfohlenen Projekten zu erleichtern. Angestrebt ist ein Team-Europe-Ansatz, der bereits bei anderen Global-Gateway-Projekten genutzt wird.

    Von Edda Schlager | Berlin

  • EU will Zentralasien mit Satelliteninternet ausstatten

    Mit ihrer Konnektivitätsinitiative Global Gateway unterstützt Europa die Region bei der Digitalisierung. Schnelles und sicheres Internet soll die Wirtschaftsentwicklung fördern. (Stand: 10.08.2023)

    Zentralasien soll für Europa bei der Versorgung mit Rohstoffen und Diversifizierung von Handelswegen eine größere Rolle spielen. Die EU verstärkt ihr Engagement in der Region im Rahmen von Global Gateway: Mit Kasachstan, Usbekistan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan hat die EU im Jahr 2023 vier Leuchtturmprojekte auf den Weg gebracht.

    Leuchtturmprojekt für digitale Konnektivität

    Eines dieser Leuchtturmprojekte ist die Team-Europe-Initiative (TEI) Digitale Konnektivität für Zentralasien. Sie zielt auf nachhaltige Versorgung der Region mit satellitengestütztem Hochgeschwindigkeitsinternet ab. Bei TEI bündeln mehrere EU-Länder und europäische Entwicklungsbanken ihre Aktivitäten und Ressourcen für bestimmte Vorhaben.

    Einerseits haben einige Länder Zentralasiens bei der Digitalisierung aufgeholt. Das zeigt der E-Government Development Index der Vereinten Nationen, der das Entwicklungsniveau von Ländern in den Bereichen Telekommunikationsinfrastruktur, Humankapital im IT-Sektor und Online-Services öffentlicher Einrichtungen abbildet. Kasachstan lag im Jahr 2022 auf Rang 28 – nur sechs Plätze hinter Deutschland. Usbekistan befand sich mit Rang 69 im oberen Drittel des Rankings von 193 Ländern.

    Andererseits offenbart der E-Government Development Index auch Digitalisierungslücken, vor allem in Tadschikistan und Turkmenistan. In allen fünf Ländern mangelt es zudem an der Internetanbindung entlegener Ortschaften und an gesetzlichen Regulierungen im IT- und Telekommunikationssektor. Dort setzt die EU mit ihrer TEI an. 

    Infrastruktur und Regularien sollen zusammenfinden

    Die TEI hat eine infrastrukturelle und eine regulatorische Komponente: Zum einen soll Satelliteninternet die bereits vorhandene Breitbandinfrastruktur in den fünf Ländern ergänzen. Rund 10 Prozent aller Haushalte in Kasachstan und Usbekistan sind laut deren Statistikämtern bisher ohne Breitbandanschluss. In Tadschikistan, Turkmenistan und Kirgisistan ist diese Rate noch deutlich höher. Unterversorgte Regionen sollen nun Bodenstationen zum Empfang von Hochgeschwindigkeitsinternet per Satellit erhalten. Im Vergleich zur Anbindung der entlegenen Ortschaften per Glasfaserkabel ist die Satellitenlösung rund 50- bis 100-mal kostengünstiger.

    Zum anderen fördert die EU Reformen im Bereich der digitalen Verwaltung, einschließlich des Telekommunikationssektors, des Schutzes personenbezogener Daten sowie der Cybersicherheit und des Schutzes von Menschenrechten. Dadurch sollen Standards der Region mit denen der EU in Einklang gebracht werden.

    EU plant Ausschreibung

    Eine Ausschreibung für die Bereitstellung von Satelliteninternet soll laut EU-Angaben noch im Jahr 2023 erfolgen, Anfang 2024 soll die Umsetzung der TEI in Kasachstan beginnen. Ortschaften ohne Breitbandinternet – allein in Kasachstan schätzungsweise rund 500 – erhalten dann Satellitenschüsseln als Bodenstationen. Über diese empfangen sie die Internetverbindung. Das umsetzende Unternehmen würde damit die Infrastruktur  – Hardware und Software  – für die sogenannte mittlere Meile zwischen dem Satellitennetzwerk in der Erdumlaufbahn und Verteilerstationen am Boden bereitstellen.

    Der kommerzielle Satellitenbetreiber SES aus Luxemburg sei bereits mit der EU im Gespräch, heißt es aus dem Unternehmen. Man habe mit der EU bisher keinen konkreten Vertrag abgeschlossen. In Kasachstan hat das Unternehmen aber bereits die Zusammenarbeit mit dem Ministerium für digitale Entwicklung, Innovationen und Luft- und Raumfahrtindustrie zum Aufbau eines Kommunikationssystems über Satellit bekanntgegeben. Der Dienst soll über O3b mPOWER, ein Satellitensystem von SES, bereitgestellt werden. 

    Bei einem Zuschlag für SES würde das Unternehmen laut eigener Aussage technisches Equipment von führenden Anbietern aus Amerika oder Europa nutzen. Lokale Firmen sollen in den Aufbau einbezogen und später den Betrieb und Service der Bodenstationen übernehmen. Den Service auf der so genannten letzten Meile, mit der das Internet zum Endverbraucher gebracht wird, sollen Telekommunikationsunternehmen der zentralasiatischen Länder bereitstellen.

    Europa sichert Anschubfinanzierung und erwartet Eigeninitiative 

    Die EU-Kommission wird sowohl Maßnahmen im regulatorischen Bereich als auch Infrastrukturinvestitionen mit einem Beitrag von zusammen mindestens 40 Millionen Euro finanzieren. Zusätzlich werden sich die EU-Mitgliedsstaaten und Finanzierungsinstitutionen der EU an TEI beteiligen, darunter die Europäische Investitionsbank und die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung.

    Die EU sieht ihr Engagement für digitale Konnektivität in Zentralasien als Unterstützung: "Wir gehen davon aus, dass die Länder selbst weitere finanzielle, technische und regulatorische Anstrengungen unternehmen werden, um sich im Bereich der Digitalisierung weiterzuentwickeln", so Johannes Baur von der EU-Delegation in Kasachstan, zuständig für Kooperation mit Zentralasien. Möglich seien beispielsweise öffentlich-private Partnerschaften. 

    Kasachstan, Kirgisistan und Usbekistan haben bereits nationale Strategien zur Digitalisierung verabschiedet. In Tadschikistan und Turkmenistan sind die Digitalisierungsprogramme Teil der allgemeinen nationalen Entwicklungsstrategien.

    Kasachstan plant Glasfaserkabel durch Kaspisches Meer

    Die kasachische Regierung verlässt sich nicht allein auf die Unterstützung der EU. Mit Aserbaidschan will das Land ein rund 400 Kilometer langes Glasfaserkabel durch das Kaspische Meer verlegen. Es soll von der kasachischen Hafenstadt Aktau bis zur aserbaidschanischen Hauptstadt Baku reichen, die Geschwindigkeit der Datenübertragung 4 bis 6 Terabit pro Sekunde betragen. Im Juli 2023 haben der kasachische Telekommunikationsanbieter KazakhTelecom und die NEQSOL-Holdinggesellschaft des aserbaidschanischen Telekommunikationsbetreibers AzerTelecom ein Joint Venture für die Verlegung des Kabels vereinbart.

    Von Edda Schlager | Berlin

  • Global Gateway will Transportrouten in Laos stärken

    Die Europäische Investitionsbank EIB prüft die Finanzierung wichtiger Straßenverbindungen in Laos. Dort kreuzt Global Gateway chinesische Vorhaben der neuen Seidenstraße. (Stand: 05.07.2023)

    In Laos könnten sich europäisch und chinesisch finanzierte Infrastrukturen bald begegnen: Die Europäische Investitionsbank EIB will den Ausbau der Nationalstraße 2 (N2-Projekt) finanziell unterstützen. Die wichtige West-Ost-Route verbindet die Grenze zu Thailand bei Nam Ngeun mit der Grenze zu Vietnam bei Tay Trang.

    Im Gegenzug gestaltet China seit Jahren die Entwicklung des laotischen Nord-Süd-Korridors. Dazu gehören die Laos-China-Eisenbahn (Laos China Railway, LCR) und das internationale Autobahnprojekt von Kunming, der Hauptstadt der chinesischen Provinz Yunnan, in die laotische Hauptstadt Vientiane und weiter nach Thailand. Bei Oudomxay im Norden von Laos trifft die Nationalstraße 2 auf diese neue Verkehrsachse. Güter aus dem benachbarten Vietnam könnten von dort mit der Bahn weitertransportiert werden.

    Europäer fördern West-Ost-Verbindungen

    China finanziert und baut Infrastrukturen, die der wirtschaftlichen Verflechtung des eigenen Landes mit Südostasien dienen. Die Weltbank und ihre Partnerin EIB fördern hingegen den Aus- und Neubau von Verkehrsverbindungen, um die einzelnen Staaten und Regionen im Verband südostasiatischer Staaten ASEAN untereinander besser zu vernetzen. Daher stehen bislang unzureichend modernisierte West-Ost-Verbindungen zwischen Myanmar, Thailand, Laos, Kambodscha und Vietnam im Mittelpunkt. Mit dem Einstieg der EIB in das N2-Projekt wird der Straßenbau in Laos zu einem Element des europäischen Infrastrukturbauprogramms Global Gateway

    Für die Baumaßnahmen hat die Weltbank bereits 2022 eine Finanzierung über ihr Instrument International Development Aid (IDA) zugesagt. Die Summe liegt bei rund 120 Millionen US-Dollar (US$). Die laotische Regierung selbst steuert 12,5 Millionen US$ bei. Weitere Finanzierungslücken sollen Australien mit einer Beteiligung von etwa 6,7 Millionen US$ und die EIB mit 64 Millionen US$ schließen. Entsprechende Projektausschreibungen seitens der EIB sind nach erfolgreicher Prüfung im Laufe des Jahres 2023 zu erwarten.

    Mit Unterstützung der Australier und der größeren Beteiligung der Europäer möchte der Staat Laos das Bauvorhaben bis Mai 2028 erfolgreich abschließen. Empfänger der Gelder ist das laotische Ministerium für Bau und Transport. Die Behörde ist zugleich für die Durchführung des Projekts zuständig.

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    Chancen für internationalen Handel

    Das völlig unzureichende und in weiten Teilen marode Straßennetz in Laos soll mit Unterstützung der internationalen Staatengemeinschaft widerstandsfähiger gegen die Auswirkungen des Klimawandels werden. Abgelegene Regionen des Landes erhalten so einen besseren Zugang zu den Nachbarländern, um regionalen und internationalen Handel zu fördern. Menschen und Güter werden mobiler. Außerdem soll der grenzübergreifende Handel der drei Länder Laos, Thailand und Vietnam digitalisiert werden.

    Straßenbauprojekt findet in Nachbarländern kaum Beachtung

    Die laotische Nationalstraße 2 ist wichtig für den Personen- und Gütertransport in Laos selbst. Für die wirtschaftlich weit bedeutenderen Nachbarn Thailand und Vietnam spielt sie jedoch kaum eine Rolle. Obwohl das Straßenbauprojekt Teil der Asienstraße 13 (Asian Highway, AH) ist, wird das N2-Vorhaben in Thailand zu einer Nationalstraße dritter Ordnung. Bekannt als Thailands Nationalstraße 101 wird diese Verlängerung aktuell immerhin vierspurig ausgebaut.

    Auch in Vietnams Entwicklungsplänen spielt die Strecke kaum eine Rolle. Mittelfristig könnte sich das ändern, wenn Teile der Asienstraße 13 in Richtung der Metropolregion Hanoi zu Autobahn- und Schnellstraßenteilstücken ausgebaut worden sind. Dabei geht es aber eher um den besseren Anschluss abgelegener Provinzen des Landes an die Hauptstadtregion als um internationale Verbindungen nach Laos und weiter nach Thailand.   

    Wichtigere West-Ost-Verbindung liegt weiter südlich

    Für den internationalen Handel zwischen dem Indischen Ozean und dem südchinesischen Meer ist eine andere Route bedeutsamer als AH13: der sogenannte Ost-West-Wirtschaftskorridor (East-West Economic Corridor, EWEC), der die Andamanensee in Myanmar via Thailand und Laos mit der vietnamesischen Küste bei Danang verbindet. Diese international als Asienstraße 16 (AH16) bezeichnete Strecke gilt als wichtigste Handelsroute zwischen Nordthailand und Zentralvietnam via Laos.

    In der laotischen Provinz Savannakhet – dort ist AH16 als Nationalstraße 9 bekannt – liegt die Sonderwirtschaftszone Savan-Seno. Sie bildet den am besten entwickelten Industriestandort des Landes. Im Mai 2023 wurde der thailändische Schnellstraßenabschnitt des EWEC bis kurz vor Savan-Seno fertiggestellt. Thailands Regierung erwartet, dass die neuen Infrastrukturen den Ausbau des internationalen Handels mit Vietnam via Laos vorantreiben.

    Von Marcus Hernig | Bonn

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