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Branchencheck | Belarus

Politische Krise und Sanktionen sorgen für Unsicherheit

Die Industrie profitierte 2021 von hohen Rohstoffpreisen und der Erholung der Weltwirtschaft. Die weiteren Aussichten werden getrübt durch die Sanktionen und politische Spannungen.

Von Fabian Nemitz | Kiew

Die belarussische Industrie konnte in den ersten elf Monaten 2021 ihren Ausstoß im Vergleich zum Vorjahreszeitraum real um 6,7 Prozent steigern. Die Gründe für den hohen Zuwachs liegen in der Erholung der Weltwirtschaft und der hohen Auslandsnachfrage nach belarussischen Exportgütern wie Ölprodukten, Düngemitteln und Holzwaren.

Seit Herbst 2021 deutet sich jedoch der jüngsten Geschäftsklimaumfrage der Nationalbank zufolge eine Abkühlung an, die sich 2022 verstärken dürfte. Vom Binnenmarkt sind 2022 kaum Impulse zu erwarten. Die gegenwärtige politische Lage und die Sanktionen des Westens sorgen für eine große Unsicherheit.

  • Maschinenbau

    Der stark exportorientierte belarussische Maschinenbau profitiert von der Erholung der Weltwirtschaft.

    Der Maschinenbau konnte den Ausstoß in den ersten elf Monaten 2021 real um 15,4 Prozent steigern. Die Exporte von Investitionsgütern legten im Zeitraum von Januar bis Oktober 2021 nominal um 32,3 Prozent auf 3,3 Milliarden US-Dollar (US$) zu.

    Die weiteren Aussichten hängen stark von der Entwicklung der Nachfrage in Russland ab. Dort hat sich der Wettbewerbsdruck in den letzten Jahren deutlich erhöht. Die Firmen richten ihren Blick auf neue Absatzmärkte in Schwellenländern.

    Der Lkw-Bauer MAZ und der Hersteller von Großmuldenkippern BelAZ stehen auf der Sanktionsliste der Europäischen Union (EU). Beide Unternehmen machen nur wenig Umsatz in der EU, bezogen bislang aber Vorprodukte von dort. BelAZ investiert in den Bau einer Ringwalzanlage. Investitionspläne verfolgt auch der Landtechnikhersteller MTZ.


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Chemieindustrie

    Der Export von Erdölprodukten und Düngemitteln ist ein wichtiger Devisenbringer für Belarus. Wirtschaftssanktionen des Westens zielen auf diese Einnahmequellen.

    Belstat veröffentlicht seit Sommer 2021 keine Zahlen mehr zur Petrochemie. Bislang scheint die Branche die Sanktionen ohne größere Einbußen verkraftet zu haben. Im Oktober 2021 bezifferte Vizepremierminister Juri Nasarow den bisherigen Schaden für die ölverarbeitende Industrie auf 80 Millionen US$. Die Ölversorgung aus Russland läuft weiter; die Ukraine als wichtiges Abnehmerland hat sich den Sanktionen gegen die Petrochemie nicht angeschlossen.

    Die im Sommer verabschiedeten Sanktionen gegen die Kalidüngerindustrie betreffen nur einen kleinen Teil der Branchenprodukte. In Litauen herrscht Unklarheit über die Fortsetzung des Transports belarussischer Düngemittel. Das im Dezember 2021 verabschiedete neue Sanktionspaket der EU umfasst Grodno Azot (Stickstoffdünger), Belshina (Reifen) und den Ölkonzern Belarusneft.

    Profitieren dürfte die Chemieindustrie 2022 von den günstigen Preisen für Gasimporte aus Russland (128,50 US$ je 1.000 Kubikmeter).


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Energiewirtschaft

    Die Inbetriebnahme des ersten Atomkraftwerks prägt die Stromversorgung in Belarus. Künftig verfügt das Land über einen großen Stromüberschuss.

    Im Juni 2021 wurde der erste Block (1.200 Megawatt Leistung) des Atomkraftwerks in Astrawez in Betrieb genommen. Der zweite Block soll im Laufe des Jahres 2022 folgen. Die einstigen Hoffnungen auf Stromexporte in die Nachbarländer haben sich zerschlagen. Die Regierung setzt auf eine verstärkte Nutzung von Strom zu Heizzwecken, für die Elektromobilität und den Aufbau energieintensiver Betriebe. Laut Stromversorger Belenergo müssen pro Jahr 2.700 Kilometer Stromleitungen um- und ausgebaut werden. Von 2021 bis 2025 sollen rund 600 Millionen US-Dollar in die Stromnetze investiert werden. Der Bau von Spitzenlastanlagen mit einer Leistung von insgesamt 800 Megawatt in vier Kraftwerken wird 2022 abgeschlossen.

    Weitere Informationen:

    Belarus plant Bau von Spitzenlastkraftwerken


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Bauwirtschaft

    Schwache Staatsfinanzen, die Verunsicherung von Investoren und Probleme im Bankensektor belasten die Bauwirtschaft. Westliche Geberbanken legen ihr Engagement auf Eis.

    Die Bauwirtschaft leidet unter dem Investitionsrückgang und hohen Rohstoffpreisen. Das Volumen der geleisteten Bauarbeiten bewegte sich in den ersten elf Monaten 2021 real 14,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Nach einer zwischenzeitlichen Erholung im Sommer hat sich einer Umfrage der Nationalbank vom November 2021 zufolge die Stimmung in der Branche seit Herbst 2021 wieder eingetrübt.

    Emaar Properties aus Dubai hat am 29. Juni 2021 mit der belarussischen Regierung einen Vertrag über den Bau eines neuen Stadtteils in Minsk unterzeichnet. Die Kosten belaufen sich auf 4 Milliarden US-Dollar. Die Ausbaupläne für die Transportinfrastruktur sind im staatlichen Programm Transportkomplex 2021 bis 2025 festgelegt. Nach dem Rückzug westlicher Geberbanken hofft Belarus auf ein größeres Engagement der Eurasischen Entwicklungsbank (EDB). Die Regierung will die Digitalisierung der Bauwirtschaft ausbauen.


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Gesundheitswirtschaft

    Die Coronapandemie belastet das belarussische Gesundheitssystem weiter. Anfang 2021 verabschiedete die Regierung ein neues Gesundheitsprogramm.

    Der Staat hat die Ausgaben für das Gesundheitswesen vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie erhöht, jedoch sind die Finanzmittel beschränkt. Unterstützung kommt von der Weltbank und dem OPEC Fund for International Development. Aktuell sind rund 40 Prozent der Bevölkerung vollständig geimpft.

    Die Pläne für die Entwicklung des Gesundheitswesens sind im Programm Gesundheit des Volkes und demografische Sicherheit 2021 bis 2025 festgelegt, das im Januar 2021 verabschiedet wurde. Bis 2025 sollen umgerechnet rund 18,5 Milliarden US-Dollar in den Sektor fließen. Das Gesundheitsministerium hat einen Plan zur Nutzung von E-Health verabschiedet. Seit Anfang 2022 ist die Registrierung von Medizinprodukten nur noch nach den Regelungen der Eurasischen Wirtschaftsunion (EAWU) möglich.

    Weitere Informationen:

    EAWU ändert Rechtsrahmen für Zulassung von Medizinprodukten


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Bergbau

    Belaruskali hat im Sommer 2021 eine neue Kalilagerstätte in Betrieb genommen. Die Sanktionen verzögern die Umsetzung eines Projekts von Slavkaliy.

    Belarus ist ein bedeutender Förderer von Kalisalzen und Produzent von Kalidünger. Der Staatskonzern Belaruskali steht für rund ein Fünftel der Weltproduktion. Belaruskali nahm Ende August 2021 die Lagerstätte Petrikow in Betrieb. China hat die Auszahlung einer Kredittranche zur Erschließung einer Kalilagerstätte von Slavkaliy gestoppt, meldet die Zeitung Nasha Niva. Hintergrund sind die Sanktionen gegen den russischen Unternehmer Michail Guzerijew.

    Ein Programm zur Modernisierung des Torfabbaus sieht von 2021 bis 2025 Investitionen in Höhe von rund 100 Millionen US-Dollar vor.


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Nahrungsmittelindustrie

    Die schlechtere Ernte 2021 dürfte die Nahrungsmittelindustrie 2022 belasten. Seit Anfang 2021 gilt für verschiedene Lebensmittel aus westlichen Staaten ein Importverbot.

    Die Nahrungsmittelindustrie konnte ihren Output in den ersten elf Monaten 2021 real um 2,2 Prozent steigern. Die Branche ist ein wichtiger Devisenbringer. Bis 2025 will Belarus die Branchenexporte von aktuell rund 6 Milliarden auf 7 Milliarden US-Dollar steigern.

    Russland ist der wichtigste Absatzmarkt für Nahrungsmittel aus Belarus. Das Gros entfällt auf Fleischwaren und Milchprodukte. Vor dem Hintergrund der steigenden Selbstversorgung Russlands mit Lebensmitteln bemüht sich Belarus um neue Absatzmärkte, insbesondere in Asien. Ausgehend von einem niedrigen Niveau konnten die Exporte in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert werden.

    Die Eckpfeiler für die Entwicklung der Landwirtschaft und Nahrungsmittelindustrie sind im Programm Agribusiness 2021 bis 2025 festgelegt. Die Verwaltung des Gebiets Minsk stellt Gelder für die Modernisierung der Holding Mjasomolprom zur Verfügung. Der staatliche Konzern Belgospischtscheprom investiert in neue Ausrüstungen für Süßwarenhersteller. Als Reaktion auf die Sanktionen des Westens gilt seit Anfang 2022 ein Importverbot für verschiedene Lebensmittel.

    Weitere Informationen:

    Belarus beschließt Sanktionen gegen EU und weitere Länder


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Textil- und Bekleidungsindustrie

    Belarus will die Automatisierung in der Schuh- und Textilproduktion vorantreiben.

    Die Textil- und Bekleidungsindustrie konnte ihren Output in den ersten elf Monaten 2021 real um 4,5 Prozent steigern. Die führenden Firmen der Branche sind Teil des Staatskonzerns Bellegprom, der die Exporte in den ersten drei Quartalen 2021 nominal um 21,5 Prozent auf 332 Millionen US-Dollar ausdehnen konnte. Der Schuhhersteller Belwest entwickelt Lösungen zum Einsatz von Robotern bei der Produktion von Lederschuhen.

    Weitere Informationen:

    Belarus treibt Automatisierung der Schuhindustrie voran


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Pkw- und Nfz-Produktion

    Belarus hat ein neues Programm zur Entwicklung der Elektromobilität und weitere Vergünstigungen für den Sektor verabschiedet.

    Belarus treibt die Elektromobilität voran. Ein Grund hierfür liegt im künftigen Stromüberschuss nach der vollständigen Inbetriebnahme des Atomkraftwerks bei Astrawez. Im April 2021 hat die Regierung ein Programm zur Entwicklung des Elektrotransports 2021 bis 2025 verabschiedet. Ziele sind eine intensivere Forschung und umfangreichere lokale Produktion im Bereich der Elektromobilität sowie der weitere Ausbau des Ladenetzes. Der Präsidialerlass Nr. 447 vom 22. November 2021 sieht weitere Vergünstigungen für die E-Mobilität vor.

    Der belarussische Fahrzeugbau konnte seine Produktion in den ersten elf Monaten 2021 real um 9,4 Prozent steigern. Der landesweit führende Hersteller von Lkw und Bussen MAZ befindet sich auf der Sanktionsliste der EU.


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Umwelttechnik

    Die belarussische Regierung hat 2021 neue Entwicklungsprogramme im Bereich der Umweltwirtschaft verabschiedet.

    Die Regierung verstärkt ihren Fokus auf die Umweltwirtschaft. Ziel des im Februar 2021 verabschiedeten Programms Energieeinsparung 2021 bis 2025 ist es, die Energieintensität der Wirtschaft bis 2026 um 7 Prozent gegenüber 2020 zu senken. Weitere Ziele im Umweltsektor sind im Programm Umweltschutz und nachhaltige Nutzung von Naturressourcen 2021 bis 2025 festgelegt. Der Rückzug internationaler Geberbanken dürfte die Umsetzung von Projekten in der Umweltwirtschaft jedoch belasten. Die Regierung hofft auf ein stärkeres Engagement der Eurasischen Entwicklungsbank (EDB), darunter bei der Sanierung einer Großkläranlage in Minsk.

    Weitere Informationen:

    Belarus startet neues Wasserwirtschaftsprogramm


    Von Fabian Nemitz | Kiew

  • Informations- und Kommunikationstechnik

    Trotz der politischen Krise und Abwanderung von Fachkräften setzt die Informations- und Telekommunikationsbranche (IKT) ihren Aufwärtstrend fort.

    Die IT-Branche ist der Vorzeigesektor der belarussischen Wirtschaft. Dank vieler Fachkräfte und dem liberalen Steuer- und Rechtsregime im IT-Cluster Hi-Tech Park konnte die Branche ihren Anteil am Bruttoinlandsprodukt und die Einnahmen aus dem Export von IT-Dienstleistungen von Jahr zu Jahr deutlich steigern.

    Trotz der Abwanderung von Fachkräften expandiert der IKT-Sektor weiter. Laut Statistikamt Belstat wuchs die Branche in den ersten elf Monaten 2021 real um 9,2 Prozent. Die Exporte von IT-Dienstleistungen legten im Zeitraum Januar bis Oktober 2021 nominal um 21,3 Prozent auf gut 2,4 Milliarden US-Dollar zu. Positive Zahlen meldet auch der Hi-Tech Park.


    Von Fabian Nemitz | Kiew

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