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Branchen | Hongkong | Luftfahrt

Hongkong will Flugverkehr wieder ankurbeln

Viele Airlines hatten ihre Flüge wegen extremer Quarantäneauflagen eingestellt. Nun lockert die Regierung einige Beschränkungen. Der große Durchbruch bleibt aber aus.

Von Roland Rohde | Hongkong

Ende März 2022 verkündete die Hongkonger Regierung umfassende Lockerungen der Covid-Beschränkungen vor Ort und der Einreisebestimmungen. Damit warf sie der darbenden Flugverkehrssparte einen Rettungsring zu. Deren Passagiergeschäft war Anfang 2020 infolge der weitgehenden Grenzschließung praktisch implodiert. Viele Maschinen flogen nahezu leer, beförderten dafür aber eine Menge Beifracht, sodass sich das Geschäft noch einigermaßen lohnte.

Doch zum Jahreswechsel 2021/22 hatten die Behörden die Quarantäneauflagen derart hochgeschraubt, dass immer mehr Airlines - auch die Lufthansa-Gruppe - ihren Passagierbetrieb von und nach Hongkong komplett einstellten. Der Planungsaufwand war einfach nicht mehr zu bewältigen. Zudem ließen sich die Mannschaften produktiver auf den lebhaften europäischen oder nordamerikanischen Märkten einsetzen. Der Krieg in der Ukraine sorgte in der gebeutelten Branche für weiteren Gegenwind: Flugrouten von Asien nach Europa gingen bislang über russischen Luftraum und mussten aufwändig umgeplant werden.

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Frachtsparte schwächelte Anfang 2022

In den Hongkonger Statistiken machten sich diese Entwicklungen bereits deutlich bemerkbar. So wuchs laut dem Civil Aviation Department die Luftfracht 2021 um stolze 13 Prozent zum Vorjahr auf 5 Millionen Tonnen. Damit konnte der Airport der Sonderverwaltungsregion (SVR) seinen weltweiten Spitzenplatz behaupten. Doch im Januar/Februar 2022 sank der Umschlag um 8 Prozent. Bei den Passagierzahlen stellte sich derweil in den ersten beiden Monaten ein Plus von 30 Prozent ein, allerdings von einem äußerst geringen Basisniveau ausgehend.

Ausländer verließen zum Jahresbeginn 2022 fluchtartig die Stadt. Die Regierung zieht jetzt die Notbremse.

Der Anstieg der Passagierzahlen war auf einen Exodus von in Hongkong lebenden Expatriates zurückzuführen. Viele Ausländer hatten - aufgrund angekündigter Massenzwangstests - teils panikartig die Stadt verlassen. Es herrschte große Sorge, in einem der zahlreichen Quarantänelager zu landen und von seinen Kindern getrennt zu werden. Daher überstiegen im Januar/Februar 2022 die Abflüge die Ankünfte um den Faktor drei.

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Umfassende Öffnungsschritte zum 1. April 2022

Angesichts des dramatischen "Brain Drain" rangen sich die Verantwortlichen zu Lockerungsmaßnahmen durch. Der wichtigste Schritt für die Flugbranche ist die Verringerung der Hotelquarantäne bei Einreise von 14 Tagen auf eine Woche, gültig ab 1. April 2022. Damit können in Hongkong lebende Ausländer wieder einen Urlaub in ihrer Heimat planen. Die Regelung gilt wohlgemerkt nur für Einwohner und nicht für Touristen oder Geschäftsreisende. Viele beschreiben sie insgesamt als "zu wenig, zu spät".

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Für die Airlines bedeuten drei weitere Schritte Entlastung: So wurde das Flugverbot aus bestimmten Ländern - unter anderem aus den USA und dem Vereinigen Königreich - komplett gestrichen. Außerdem zeichnet sich eine gangbare Regelung für Mannschaften ab, falls diese bei ihrer Einreise in Hongkong positiv auf Covid getestet werden. Vielfach hatten sich nämlich Crews geweigert, die SVR anzusteuern, da sie nicht wochenlang in Quarantäne verschwinden wollten.

Landeverbot für Airlines wird verkürzt, bleibt aber in Kraft

Zuletzt ändert sich eine Vorschrift, die den Fluglinien Kopfzerbrechen bereitete: Wenn sie in einer Woche auf einer bestimmten Strecke mehr als drei Corona-Positive nach Hongkong beförderten, erhielten sie bislang ein Flugverbot (allerdings nur auf dieser Strecke) von 14 Tagen. Diese Periode wurde nun auf eine Woche reduziert.  Auch damit lässt sich letztendlich kaum ein belastbarer Flugplan aufstellen, zumal die Airlines praktisch keinen Einfluss auf das Geschehen haben. 

So müssen sich alle nach Hongkong einreisende Passagiere 48 Stunden vor Abflug einem PCR-Test unterziehen. In der Zwischenzeit können sie sich aber noch anstecken. Zudem sind die Testverfahren in der ehemaligen britischen Kolonie wesentlich sensibler als im Rest der Welt. Sie gehen über die Anforderungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hinaus. Wer bei Abflug noch negativ war, wurde nicht selten aus diesem Grund bei Ankunft überraschend positiv getestet. Die Hongkonger Regierung hat aber klargemacht, dass man "nicht folgsame" Fluggesellschaften weiterhin bestrafen werde und Anfang April 2022 wieder Flugverbote für mehrere Airlines verhängt.

Eine erneute Kehrtwende der Regierung ist nicht ausgeschlossen, wenn etwa neue Virusvarianten auftreten.

Insgesamt sieht die Branchen die neuen Regelungen positiv. Doch der ganz große Durchbruch bleibt aus. Kaum jemand erwartet etwa, dass es vor dem Spätherbst 2022 eine quarantänefreie Einreise geben wird. Zudem bleibt die Gefahr, dass die Regierung wieder eine Kehrtwende macht, wenn etwa im Ausland neue Virusvarianten auftauchen. Im Juli 2021 war schon einmal die Quarantänezeit auf sieben Tage verkürzt worden. Bereits nach kürzester Zeit wurde sie wieder auf zwei Wochen und schließlich auf 21 Tage heraufgesetzt.

Cathay Pacific und Lufthansa fahren Betrieb hoch

Die ersten Airlines wollen kurzfristig ihren Betrieb ausbauen. Cathay Pacific, der lokale Platzhirsch, kündigte bereits ein Hochfahren seiner Kapazitäten für April/Mai 2022 an. So können zahlreiche Hongkonger, die aufgrund der länderspezifischen Flugverbote im Ausland gestrandet waren, zurückgebracht werden. Die Lufthansa Gruppe hatte vor Ankündigung der erwähnten Lockerungen eine Wiederaufnahme des Passagierverkehrs für Mai anvisiert. Daran hat sich zunächst nichts geändert. Im Moment scheint man abzuwarten, wie sich die Lage weiter entwickelt.

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