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Bangkok, Thailand - Blick auf das Sieg-Denkmal das große militärische Denkmal in Bangkok Bangkok, Thailand | © Getty Images/Pakphipat Charoenrach

Special | Thailand | Wege aus der Coronakrise

Keine Erholung von Covid-19 in naher Zukunft

Infektionen mit der Delta-Variante erschüttern Thailand. Bürger und Unternehmen leiden unter einem Lockdown, aber die Exportgeschäfte entwickeln sich positiv.

Von Thomas Hundt | Bangkok

  • Konjunktur und wichtigste Branchen

    Die Konjunktur in Thailand lässt nach. Covid-19 verschont nur wenige Branchen. (Stand: 9. August 2021)

    Der staatliche Thinktank National Economic and Social Development Council (NESDC) meldet, dass das thailändische Bruttoinlandsprodukt (BIP) 2020 real um 6,1 Prozent schrumpfte. Dies war einer der stärksten BIP-Rückgänge in Südostasien.  

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    Covid-19 trifft insbesondere das Gastgewerbe hart, das rund 4 Prozent des BIP erwirtschaftet. Das Wachstum in den Servicebereichen, die weniger vom Tourismus abhängen, setzte sich im 1. Quartal 2021 fort. Informations- und Kommunikationsdienstleistungen wuchsen in dem Zeitraum real um 4,6 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal, Finanz- und Versicherungsdienstleistungen legten um 3,4 Prozent zu. Das Grundstücks- und Wohnungswesen verzeichnete ein Wachstum von 2,2 Prozent.

    Anfang 2021 waren Konjunkturforscher noch optimistisch und nahmen an, dass die Gesamtwirtschaft um rund 4 Prozent wachsen würde. Seit April 2021 erfasst aber eine heftige Covid-Welle das Schwellenland. Die thailändische Bevölkerung ist kaum gegen das Coronavirus geimpft.

    Die Konjunkturprognosen wurden nach unten korrigiert. Die Zentralbank erwartet 2021 nur noch ein reales Wachstum von 0,7 Prozent. Die Wirtschaft dürfte sich auch 2022 nur zaghaft erholen.

    Das Vorkrisenniveau könnte 2023 wieder erreicht werden. Fachleute betonen, dass Fortschritte beim Impfen und Testen, Öffnungen der Grenzen für Touristen und Geschäftsreisende sowie die Erholung der Weltwirtschaft notwendige Bedingungen für einen Aufschwung seien.

    Langsames Impftempo stößt auf Kritik

    Nach offiziellen Ankündigungen sollen bis Ende 2021 rund 70 Prozent der knapp 70 Millionen Einwohner zweimal geimpft sein. Anfang August 2021 waren indes nur rund 6 Prozent vollständig geimpft. Die angestrebte Herdenimmunität rückt bei dem aktuellen Tempo weit ins Jahr 2022.

    Bevölkerung und Wirtschaftsverbände kritisieren die Impfpolitik immer deutlicher. Sechs staatliche Stellen hatten Lizenzen zur Einfuhr von Vakzinen erhalten und bisher CoronaVac bei Sinovac Biotech in China und den Vektor-Impfstoff von AstraZeneca bestellt. Erste mRNA Impfstoffe von Biontech Pfizer und von Moderna kommen nun ebenfalls ins Land. Das National Vaccine Institute will sich außerdem um einen Beitritt zum globalen Beschaffungsprogramm Covid-19 Vaccines Global Access (COVAX) bemühen, um mehr Vakzine ins Land zu holen.  

    Die Pharmafirma Siam Bioscience, die dem königlichen Crown Property Bureau gehört, erhielt im Oktober 2020 eine Lizenz von AstraZeneca zur Produktion des Impfstoffs AZD1222. Die Fertigung begann im Juni 2021. Diese wird erweitert, und der Impfstoff muss vertragsgemäß auch in andere Länder in Südostasien exportiert werden. Thailändische Universitätskrankenhäuser und kleinere Pharmafirmen erforschen und erproben darüber hinaus eigene Vakzine. 

    Exportbranche profitiert von Baht-Abwertung

    Fachleute schätzen, dass im Jahr 2019 der internationale Tourismus mit knapp 40 Millionen Besuchern rund 14 Prozent zur Wirtschaftsleistung beigetragen hatte. Seit Schließung der Grenzen im März 2020 fallen diese Einkünfte weitgehend weg. Der Inlandstourismus geht ebenfalls zurück.

    Seit Anfang Juli dürfen geimpfte Personen aus dem Ausland unter Auflagen wieder auf die Ferieninsel Phuket reisen. Das sogenannte Sandbox-Programm lockte seitdem einige tausend Besucher an. Die Bank of Thailand erwartet im Gesamtjahr 2021 jedoch höchstens 150.000 Touristenankünfte, ein historischer Tiefstwert.

    Die fehlenden Deviseneinnahmen aus dem Fremdenverkehr verschlechtern die Leistungsbilanz und drücken auf den Wechselkurs. Die thailändische Währung Baht büßte seit Jahresbeginn knapp 10 Prozent an Wert gegenüber dem US-Dollar ein. Die Abwertung hilft allerdings der Exportwirtschaft. Unternehmen können ihre Waren günstiger im Ausland anbieten. Experten prognostizieren für das Jahr 2021 deshalb ein nominales Plus der Ausfuhren von circa 15 Prozent.

    Lieferkettenprobleme erschweren Export vieler Güter

    Die Warenausfuhren entsprachen 2020 ganzen 45 Prozent des BIP. Die wichtigsten Industriezweige Nahrungsmittel, Kraftfahrzeuge und Elektroindustrie lieferten sogar mehr als die Hälfte ihrer Produkte ins Ausland.

    Thailand profitierte vor Covid-19 wie kaum ein anderes Land von der Globalisierung. Exportierende Betriebe und Logistikfirmen klagen derzeit allerdings über die Engpässe im Container-Seeverkehr, über hohe Frachtraten und ungewisse Lieferzeiten. Einige Hersteller müssen zudem wegen der Knappheit von Mikrochips und elektronischen Bauteilen ihre Fertigungen herunterfahren. Das Forschungsinstitut Office of Industrial Economics (OIE) prognostiziert daher, dass 2021 das verarbeitende Gewerbe real nur um 4,5 Prozent zulegen werde. Im Vorjahr war die Industrieproduktion um 8 Prozent geschrumpft.

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    Thailand ist der größte Standort der Automobilindustrie in Südostasien. Das OIE erwartet, dass 2021 rund 1,8 Millionen mehrspurige Fahrzeuge von den Bändern rollen werden. Im Vorjahr waren es 1,4 Millionen. 

    Die Herstellung von Nahrungsmitteln und Getränken läuft insgesamt stabil. Produzenten von verpackten Lebensmitteln und Fertiggerichten sind gut ausgelastet. Der Absatz von Frischwaren und Getränken an die Gastronomie schrumpft hingegen.

    Die Elektroindustrie ist sehr exportorientiert. Bei Halbleitern, Transistoren und integrierten Schaltkreisen steigt die Produktion. Ferner fertigt und bestückt die Branche Leiterplatten und stellt Festplatten und andere elektronische Bauteile für den Weltmarkt her. Viele Bereiche profitieren von Aufträgen aus dem Ausland und von Betriebsverlagerungen aus China.

    In der Gesundheitswirtschaft laufen die Geschäfte unterschiedlich. Einerseits brechen die Umsätze aus dem Medizintourismus weg, andererseits geben wohlhabende Bürger mehr Geld für Vorsorgeuntersuchungen aus. Die öffentliche Hand benötigt zudem Medizintechnik, Schutzausrüstungen und Verbrauchsmaterialien, um die große Zahl an neuen Covid-19-Patienten zu behandeln.

    Von Thomas Hundt | Bangkok

  • Konjunktur- und Hilfsprogramme

    Thailand unterstützt bedürftige Bürger und Unternehmen. Die Zentralbank sorgt für Liquidität.

    (Stand: 9. August 2021)

    Die fiskalischen Covid-19 Hilfsmaßnahmen in Thailand belaufen sich nach Berechnungen des Internationalen Währungsfonds auf 1.832 Milliarden Baht, umgerechnet rund 55 Milliarden US-Dollar (US$). Dies entspricht circa 12 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). 

    Das Finanzministerium hat 2020 alleine 30 Milliarden US$ an Sonderschulden aufgenommen, um Gesellschaft und Wirtschaft zu stabilisieren. Damit steigen die Staatsschulden nach Berechnungen der Behörde Public Debt Management Office von 41 Prozent im Jahr 2019 auf 57 Prozent der Wirtschaftsleistung im Jahr 2021.

    Die zusätzlichen Gelder gibt der Staat hauptsächlich für Sozialprogramme aus. Weil die Steuereinnahmen des Finanzministeriums schrumpfen, finanzieren die Covid-19-Sonderschulden aber auch den laufenden Staatshaushalt.

    Bürger erhalten Subventionen

    Das soziale Netz kann viele Bürger nicht auffangen, denn die meisten Erwerbstätigen sind freiberuflich tätig und haben keine Sozialversicherung. Bürger mit Sozialausweisen haben direkte Barzahlungen erhalten. Bedürftige Haushalte und sozialversicherte Personen erhalten aus dem Covid-19-Budget außerdem Zuschüsse für Einkäufe oder für Reisen im Inland. Die Regierung stellt für dieses Konsumprogramm seit Juni 2021 noch einmal 4,5 Milliarden US$ zur Verfügung.

    Unternehmen werden etwas entlastet

    Unternehmen zahlen vom 1. Oktober 2020 bis 31. Dezember 2021 den von 3 Prozent auf 2 Prozent reduzierten Satz der Quellensteuer (Withholding Tax), wenn ihre Zahlungen über das elektronische System erfolgen. Der reduzierte Satz gilt für Leistungen wie Honorare, Makler- und Anwaltsgebühren, Kommissionen, Zahlungen für Urheberrechte, Architektur- und Ingenieurleistungen sowie Auftragsarbeiten.

    Betriebe, die von Covid-19 betroffen sind, konnten von Januar bis Juni 2021 ihre Zahlungen an den Pensionsfonds Provident Fund aussetzen oder verschieben. Das Finanzministerium hat den auf 7 Prozent reduzierten Satz der allgemeinen Mehrwertsteuer (Value Added Tax) bis zum 30. September 2021 verlängert. Firmen mit weniger als 200 Beschäftigten können unter bestimmten Voraussetzungen auch ihre Zinszahlungen für Kredite von der Steuer abziehen.

    Staat unterstützt Arbeitnehmer in Not

    Arbeitgeber müssen Beschäftigten, die sich wegen Covid-19 in Quarantäne oder in einem Krankenhaus befinden, Löhne nicht fortzahlen. Der Social Security Fund unterstützt in solchen Fällen sozialversicherte Arbeitnehmer mit 50 Prozent des Lohns für die Dauer von maximal 90 Tagen. Berechnungsgrundlage ist der Monatslohn bis zu einem Betrag von 15.000 Baht (circa 450 US$). Diese Beträge erhalten auch sozialversicherte Beschäftige von Firmen, die auf staatliche Anordnung wegen der Pandemie temporär den Betrieb schließen müssen.

    Ein staatliches Kurzarbeitergeld gibt es nicht. Unternehmen, die unter geringeren Einnahmen und Aufträgen leiden, vereinbaren daher mit ihren Beschäftigten kürzere Arbeitszeiten bei niedrigeren Löhnen und Gehältern, oder sie vereinbaren unbezahlten Urlaub.

    Falls Betriebe Mitarbeiter entlassen, zahlt das Social Security Office Arbeitslosen 200 Tage lang 70 Prozent des Lohns. Diese Regelung gibt es seit März 2020. Vor Corona waren es nur 50 Prozent des Lohns. Maximale Bemessungsbasis sind auch hier 15.000 Baht. Kündigt der Arbeitnehmer, erhöht die Sozialversicherung das Arbeitslosengeld von 30 Prozent auf 45 Prozent des Monatslohns für maximal 90 Tage. Die erhöhten Sätze gelten bis zum 22. Februar 2022.

    Staat investiert mehr

    Staatliche Stellen sind angehalten, Projekte zügig auszuschreiben und zu vergeben. Der Thinktank National Economic and Social Development Council erwartet daher, dass die öffentlichen Investitionen 2021 real um 9 Prozent zulegen werden.

    Das Finanzministerium möchte von 2020 bis 2027 ebenfalls Public-private-Partnership-Vorhaben (PPP) in einem Umfang von insgesamt rund 35 Milliarden US$ möglichst schnell realisieren. Das für Staatsunternehmen zuständige State Enterprise Policy Office (SEPO) führt 92 PPP-Infrastrukturprojekte auf, von denen 18 als vorrangig eingestuft sind. Auch ausländische Unternehmen können sich auf die Vorhaben bewerben.

    Die Investitionsförderstelle Board of Investment of Thailand (BOI) gewährt in- und ausländischen Investoren bei neuen Projekten zusätzliche Befreiungen von Steuern und Einfuhrabgaben. Sie befreit bis Ende 2021 Investitionen, die einen Wert von umgerechnet circa 30 Millionen US$ übertreffen, zusätzlich von der Körperschaftsteuer. Das BOI hat die Abgabe von Dokumenten und Anträgen auf Online-Verfahren umgestellt.

    Banken helfen bei finanziellen Schieflagen

    Immer mehr Unternehmen und Haushalte geraten in finanzielle Schwierigkeiten. Die Zahl der Kredite, welche die Zentralbank Bank of Thailand (BOT) als uneinbringlich oder mit Risiken behaftet einstuft, nimmt zu. Die BOT möchte verhindern, dass noch mehr Verbraucher und Firmen ihre Kredite nicht mehr bedienen. Das Finanzministerium und die BOT stellen daher Geschäftsbanken Gelder für die Vergabe von zinsgünstigen Krediten und für Restrukturierungen von Schulden zur Verfügung.

    Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können bei ihrer Bank Anträge auf zwei- bis fünfjährige Kredite mit vergünstigten Zinssätzen beantragen. Dabei bürgt die BOT für 70 Prozent der Kreditsumme. Auch der staatliche Versicherer Thai Credit Guarantee Corporation übernimmt für neue KMU-Kredite Bürgschaften. Alle Unternehmen aus der Tourismusbranche und KMU aus anderen Wirtschaftsbereichen können auch direkt bei der staatlichen Government Savings Bank und bei der Small and Medium Enterprise Development Bank of Thailand zinsgünstige Kredite beantragen.

    Die BOT informiert auf ihrer Covid-19-Sonderseite in thailändischer Sprache über neue Finanzinstrumente, die Firmen und Privatpersonen in Anspruch nehmen können. Die Deutsch-Thailändische Handelskammer und Germany Trade & Invest berichten auf der Sonderseite Covid-19 Update über weitere Hilfsmaßnahmen.

    Von Thomas Hundt | Bangkok

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