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Klimaschutz-Atlas

Gebäude: Langsamer Start für emissionsarme Heizungen

Die Regierung setzt auf höhere Energieeffizienzstandards bei Neubauten und ein Austauschprogramm für Heizkessel. Letzteres entwickelt sich aber langsamer als erwartet.

Von Marc Lehnfeld | London

Bei der Dekarbonisierung von Gebäudeemissionen weist die Umsetzung der staatlichen Heat and Building Strategy laut der Klimawandelkommission (CCC) große Defizite auf. Der Fortschritt sei zu langsam, um die Klimaneutralität von Gebäuden zu erreichen. In wesentlichen Indikatoren, wie der Umsetzung von Energieeffizienzmaßnahmen in Wohngebäuden, der Installation von Wärmepumpen und den dabei entstehenden durchschnittlichen Kosten, hinkt die Zielerreichung deutlich hinterher.

Dabei setzt die Regierung auf ein breites Maßnahmenpaket. Zum einen sollen Gasboiler ab 2035 nicht mehr verkauft werden dürfen und der Futures Homes Standard für Neubauten schließt schon ab 2025 die Neuinstallation von Gasboilern aus. Hinzu kommen milliardenschwere Förderpakete für Energieeffizienzmaßnahmen (Great British Insulation Scheme bzw. ECO+, oder das Social Housing Decarbonisation Fund im Sozialwohnungsbau), für die Umrüstung auf Wärmepumpen und in seltenen Fällen auf Biomasseboiler (Boiler Upgrade Scheme) und für den Ausbau der Fernwärme (Heat Networks Investment Project, HNIP).

Markt für Wärmepumpen wächst langsam

Auch im Vereinigten Königreich spielen Wärmepumpen eine wichtige Rolle bei der Wärmewende. Dabei positioniert die Regierung die britische Insel nicht nur als Markt, sondern auch als Produktionsstandort. Mit der Heat Pump Investment Accelerator Competition können Investoren entlang der Wertschöpfungskette und für Ansiedlungen bis zu umgerechnet etwa 17 Millionen Euro Fördergelder erhalten. Der deutsche Hersteller Vaillant hat bereits Ende 2022 eine neue Produktionslinie für Wärmepumpen auf der Insel eröffnet und bereitet sich damit auf das beschleunigte Marktwachstum nach Verschärfung der Emissionsgrenzen für Neubauten ab 2025 vor. Laut Regierungsstrategie soll die Branche ab 2028 ihre Installationsgeschwindigkeit auf 600.000 Wärmepumpen pro Jahr hochgefahren haben und damit der größte europäische Markt für die emissionsfreundliche Technologie werden.

Der Weg dorthin ist allerdings noch weit. Im europäischen Vergleich wurden 2022 nirgendwo so wenig Wärmepumpen pro Einwohner installiert wie im Vereinigten Königreich. Mit 72.000 installierten Pumpen lag das Land im selben Jahr auch noch deutlich hinter dem eigenen Jahresziel, nach dem bereits 130.000 Anlagen angeschlossen werden sollten. Das liegt unter anderem am Fachkräftemangel bei Installateuren, dem der Staat nun mit der Förderinitiative Heat Training Grant begegnet. Damit können bis zu 10.000 Fachkräfte ab sofort per Gutschein zu zertifizierten Wärmepumpeninstallateuren fortgebildet werden. Ein ähnliches Programm besteht auch bei Fachkräften für die Fernwärmenetze.

Wasserstofffähige Gasboiler mit Widerstand

Die bisher schwache Nachfrage der Bevölkerung verändert sich aber nach Beobachtung der Zeitung The Guardian. Demnach sorgt der Wettbewerb zwischen den Energieanbietern Octopus Energy und British Gas zu fallenden Preisen und Wartelisten. Auch ein großflächiger Installationstest des Spitzenclusters Energy Systems Catapult vermeldet eine hohe Nachfrage beim Einbau von Wärmepumpen, mit mehr als 8.800 Interessenten auf 750 Teilnahmeplätze.

Damit läuft das Geschäft mit den Wärmepumpen besser als bei der günstigeren, konkurrierenden Technologie der wasserstoffverbrennenden Gasboiler. Letztere werden ab 2024 im Pilotprojekt H100 Fife in Schottland ausprobiert. Mehr als 300 Haushalte testen dann den Betrieb von wasserstofffähigen Boilern und Hausgeräten. Der Wasserstoff wird "grün" per Elektrolyse aus Windstrom hergestellt und in das lokale Gasnetz eingespeist. Im Forschungsprojekt Hy4Heat konnte bereits demonstriert werden, dass Haushaltsgeräte sicher mit einem Wasserstoff-Gas-Gemisch betrieben werden können. Auch Bosch Thermotechnology war daran beteiligt.

Im nordostenglischen Whitby hingegen musste ein ähnliches Projekt abgesagt werden, weil die Sicherheitsbedenken in der lokalen Bevölkerung zu groß waren. Mittlerweile zeigt sich auch Energieminister Grant Shapps gegenüber wasserstoffbetriebenen Gasboilern kritisch und sagte gegenüber der Tageszeitung Politico, dass es "unwahrscheinlich" sei, dass Wasserstoff in Zukunft eine Hauptquelle für die Beheizung von Wohngebäuden wäre.

Langsame Fortschritte bei energetischen Sanierungen

Die baulichen Anforderungen an neue Gebäude in England steigen mit dem ab 2025 gültigen "Future Homes Standard" deutlich. Zu diesem Zeitpunkt sollen die CO2-Emissionen neuer Wohngebäude 75 bis 80 Prozent niedriger sein als aktuell. Das mit umgerechnet knapp 1,2 Milliarden Euro ausgestattete Förderpaket Great British Insulation Scheme soll bis 2026 pro Jahr für 300.000 Wohnungen Energieeffizienzmaßnahmen von der Fassade bis zum Dach unterstützen, ist aber nur auf bestimmte Gebäudetypen begrenzt.

Maßnahmenpakete allein reichen nicht aus, um die Energieeffizienz der Wohngebäude zu verbessern. Der als Vorgänger bereitgestellte "Green Homes Grant" in Höhe von umgerechnet 2,2 Milliarden Euro scheiterte an seinem bürokratischen Konstrukt. Ohnehin ist die Sanierungsaufgabe groß, denn das Vereinigte Königreich besitzt einen der ältesten Gebäudebestände Europas.

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