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Branche kompakt | Finnland | Bauwirtschaft

Hohe Kosten belasten Finnlands Baubranche

Finnlands Baubranche steckt in einer Krise. Eine merkliche Erholung des Sektors wird erst 2025 erwartet. Es gibt aber auch positive Entwicklungen.

Von Niklas Becker | Helsinki

 

  • Markttrends

    Die finnische Bauwirtschaft steckt in einer Krise. Vor allem die Entwicklung beim Wohnungsbau drückt die Stimmung. Großer Lichtblick ist der Bereich Sanierung. 

    Finnlands neue Regierung hat Mitte Juni 2023 die Arbeit aufgenommen. Zu ihren Vorhaben zählt unter anderem ein 3 Milliarden Euro schweres Investitionsprogramm für den Verkehrssektor. Damit soll das Verkehrsnetz ausgebaut und der Instandhaltungsrückstau beseitigt werden. Ein erhöhter Einsatz digitaler Technologien zur Diagnose und Analyse des Straßenzustands soll dazu beitragen, die Verkehrsinfrastruktur proaktiv zu verbessern. Die neue Regierung will sich zudem mit der Entwicklung eines Straßennetzes befassen, welches den Einsatz von längeren und schwereren Fahrzeugen ermöglicht. 

    Bauwirtschaft steckt in der Rezession

    Finnlands Bauwirtschaft befindet sich im Sommer 2023 in einer Rezession. Für das Gesamtjahr 2023 prognostiziert der finnische Verband der Bauindustrie Rakennusteollisuus RT einen Rückgang des Branchenumsatzes um 3,5 Prozent. Laut Verband sei die Talsohle fast erreicht. Im Jahr 2024 soll der Rückgang nur gering ausfallen (-0,5 Prozent). Wie Daten des finnischen Statistikamtes zeigen, ist vor allem der heimische Wohnungsbau stark betroffen. Aber auch das Volumen der neu begonnenen Geschäfts- und Bürobauten sowie landwirtschaftlichen Gebäude ist seit dem Sommer 2022 merklich zurückgegangen. Lediglich bei den öffentlichen Gebäuden sowie Industriebauten und Lagerhallen ist kein negativer Trend zu erkennen. 

    2 %

    prognostizierter Rückgang der Bauinvestitionen 2023.

     

    Deutlich wird die Entwicklung des finnischen Bausektors auch beim Blick auf die Investitionsprognosen. Die Europäische Kommission erwartet für 2023 einen Rückgang der Bauinvestitionen in Finnland um 2 Prozent. Für 2024 prognostiziert die Kommission einen weiteren Rückgang um 1,2 Prozent. In Finnland spielen die Bauinvestitionen eine deutlich größere Rolle als in vielen anderen Ländern der Europäischen Union (EU). Nach Zahlen von Eurostat machten sie 2022 mit fast 40,2 Milliarden Euro 62 Prozent aller Bruttoanlageinvestitionen in Finnland aus. Nur in Rumänien (66,8 Prozent) und Luxemburg (63,4 Prozent) spielten sie eine noch größere Rolle. 

    Wie die Daten von Eurostat außerdem zeigen, investiert Finnland relativ betrachtet mehr in den Wohnungsbau als andere EU-Staaten. Im Jahr 2022 summierten sich die finnischen Bauinvestitionen in Wohnbauten auf 7,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP), das ist Platz drei im EU-Ranking. Lediglich Deutschland und Zypern (beide 7,6 Prozent des BIP) investieren mehr in den heimischen Wohnungsbau. 

    Marktvolumen der Bauwirtschaft in Finnland (in Milliarden Euro; nominale Veränderung in Prozent)

    Kennziffer

    2020

    2021

    Nominale Veränderung 2021/2020

    Marktvolumen finnische Baubranche insgesamt, davon

    36,9

    38,8

    5,1

      Wohnungsbau (Neubau)

    7,4

    8,3

    12,2

      Wohnungsbau (Sanierung)

    8,1

    8,7

    7,4

      Nicht-Wohnungsbau (Neubau)

    8,5

    9,0

    5,9

      Nicht-Wohnungsbau (Sanierung)

    5,9

    5,7

    -3,4

      Infrastrukturbau (Neubau)

    5,1

    5,2

    2,0

      Infrastrukturbau (Instandhaltung)

    1,9

    1,9

    0,0

    Quelle: Finnischer Verband der Bauindustrie (Rakennusteollisuus RT)

    Vor allem der Wohnungsbau bereitet Kopfzerbrechen 

    Bereits vor dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hatte sich eine Abkühlung des finnischen Wohnungsbaus angekündigt. Eine gewisse Marktsättigung ließ die Nachfrage nach neuem Wohnraum schrittweise zurückgehen. Die Folgen des Krieges haben diesen Effekt zusätzlich verstärkt. In Finnland haben Immobilienkredite in der Regel einen variablen Zinssatz. Dieser richtet sich nach dem Euribor-Index. Hinzu kommt eine Marge der Bank. Zum Jahresbeginn 2022 lag der 12-Monats-Index etwa bei minus 0,5 Prozent. Anfang Juli 2023 waren es mehr als 4 Prozent.

    Aufgrund der deutlich höheren Kreditkosten ist die Nachfrage nach Immobilien weiter zurückgegangen. So wurde zwischen Januar und April 2023 mit dem Bau von 9.600 neuen Wohnungen begonnen. Im gleichen Zeitraum 2022 waren es 12.300 und 2021 sogar mehr als 14.000 Wohnungen. In den kommenden Monaten dürfte sich der Rückgang fortsetzen. Darauf deuten die erteilten Baugenehmigungen hin. In den ersten vier Monaten 2023 wurde der Bau von 6.600 Wohnungen genehmigt. Im Jahr 2022 waren es zu diesem Zeitpunkt mehr als doppelt so viele. 

    Für das Gesamtjahr 2023 erwartet der Verband der Bauindustrie, dass mit dem Bau von 27.000 Wohnungen begonnen wird. Das wären rund 28 Prozent weniger als im Vorjahr. Die Zahl der neu begonnenen Wohnungen soll 2024 wieder steigen: Der Verband prognostiziert den Baubeginn von 31.000 Wohnungen. Das wäre ein Plus im Jahresvergleich um 14 Prozent. Den Experten zufolge wird der Rückgang im finnischen Wohnungsbau 2023 fast ausschließlich bei den privat finanzierten mehrstöckigen Wohngebäuden stattfinden.     

    Weniger düster als beim Wohnungsbau sind die Aussichten beim Nicht-Wohnungsbau. Zwischen Januar und April 2023 wurden hier neue Projekte mit einem Volumen von 6,1 Millionen Kubikmeter begonnen. Im gleichen Zeitraum 2022 waren es 6,8 Millionen Kubikmeter. Nach Einschätzung des finnischen Bauverbands wird das Volumen im Gesamtjahr 2023 jedoch leicht über dem Niveau des Vorjahres liegen (+ 0,9 Prozent). Im Jahr 2024 sei zudem mit einem Wachstum von 1,4 Prozent zu rechnen. Vor allem Industriebauten und Lagerhallen sollen zur positiven Entwicklung beitragen. 

    Tiefbau ebenfalls mit schlechter Entwicklung 

    Die Entwicklungen in Finnlands Tiefbau sind derzeit verhalten. Nach Zahlen von Eurostat sank die Produktion 2022 im Jahresvergleich um 3,7 Prozent. Bereits 2021 hatte der finnische Tiefbau nur einen kleinen Zuwachs (+0,7 Prozent) verzeichnet. Für 2023 sind ebenfalls keine positiven Nachrichten zu erwarten. Im 1. Quartal 2023 sank die Produktion im Jahresvergleich um 11,8 Prozent. Finnlands Verband der Bauindustrie erwartet für das Gesamtjahr 2023 einen Rückgang um 2 Prozent. Die Verlangsamung der Kostensteigerungen soll die finnische Tiefbaubranche 2024 jedoch etwas entlasten, sodass sich der Markt leicht erholen und um 1 Prozent wachsen kann. 

    Hoffnung im Bereich Sanierung

    Großer Lichtblick ist der Bereich Sanierung. Laut Verband steuerte dieser Bereich 2021 mit 14,4 Milliarden Euro mehr als ein Drittel zum Gesamtumsatz der finnischen Baubranche bei. Die Verlangsamung der Neubautätigkeiten wird die Nachfrage im Bereich Sanierung beschleunigen. Im Jahr 2022 wuchs der Markt um 1 Prozent. Für 2023 und 2024 prognostiziert der Branchenverband einen Zuwachs um 1,5 und 2 Prozent. In der Hauptstadtregion steht die Sanierung von Gebäuden aus den 1980er Jahren an. Aufgrund der steigenden Kosten und Zinsen schieben einige Wohnungseigentümergemeinschaften in Finnland selbst akuten Renovierungsbedarf derzeit auf. Zudem gibt es im Land einen hohen Sanierungsbedarf bei Straßen- und Eisenbahnbrücken.  

    Ausgewählte Großprojekte der Bauwirtschaft in Finnland

    Akteur/Projekt

    Investitionssumme (in Mrd. Euro)

    Projektstand

    Anmerkungen

    Schienenstrecke Helsinki-Tampere, Ausbau oder Neubau

    4,5 bis 5,5

    Planung

    Als wichtiges Infrastrukturprojekt im neuen Regierungsprogramm genannt.

    Stahlfabrik in Inkoo, Blastr Green Steel

    4

    Planung

    Abkürzende Schienenstrecke Helsinki-Turku

    3,4

    Planung

    Als wichtiges Infrastrukturprojekt im neuen Regierungsprogramm genannt.

    Schienenstrecke Kouvola-Flughafen Helsinki-Vantaa (Ostbahn)

    1,8

    Planung

    Als wichtiges Infrastrukturprojekt im neuen Regierungsprogramm genannt.

    Krankenhaus Laakso in Helsinki, Krankenpflegebezirk Helsinki und Uusimaa (HUS)

    1

    Planung, teilweise Bau

    Garden Helsinki, Sportarena im Zentrum von Helsinki, 175.000 qm

    0,6

    Planung

    Kathodenmaterialfabrik in Vaasa, Freyr Battery

    k.A.

    Planung

    Schätzungen gehen von einer Investition in Milliardenhöhe aus.

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest 2023; Pressemeldungen

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Nachhaltiges Bauen und Energieeffizienz

    Finnland will CO₂-neutral werden. Dafür muss auch im Bausektor viel passieren. Holzbau hat im Land eine lange Tradition und soll weiter gestärkt werden.

    Nachhaltiges Bauen bekommt in Finnland zunehmend mehr Aufmerksamkeit. Energieeffiziente Baulösungen, die Verwendung erneuerbarer Materialien und der Einsatz umweltfreundlicher Technologien rückt immer mehr in den Mittelpunkt. In Finnland ist der Bausektor für etwa ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Um das gesetzlich verankerte Ziel der CO₂-Neutralität ab 2035 zu erreichen, sind also neue Technologien, Verfahren und nachhaltige Materialien gefragt.

    Einen großen Nachholbedarf gibt es in Finnland generell beim Materialverbrauch. Laut Europäischer Kommission hat die nordische Volkswirtschaft insgesamt (nicht nur die Baubranche) den größten materiellen Fußabdruck aller 27 EU-Mitgliedsstaaten. Zudem ist die Ressourcenproduktivität in Finnland die viertniedrigste in der EU. 

    Neues Baugesetz soll Nachhaltigkeit fördern

    Finnlands Parlament hat im März 2023 noch unter der Vorgängerregierung ein neues Baugesetz beschlossen. Damit wurden umfassende Maßnahmen zur Bekämpfung des Klimawandels in die Baugesetzgebung aufgenommen. Das Gesetz soll zudem die Bauprozesse vereinfachen sowie die Kreislaufwirtschaft und die Digitalisierung fördern. Es tritt am 1. Januar 2025 in Kraft. "Das neue Baugesetz gibt Leitlinien für die Verringerung des Kohlenstoffausstoßes im Bauwesen vor, indem es die negativen und positiven Klimaauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes berücksichtigt", verkündete die Vorgängerregierung im März 2023. Wie das neue Gesetz in die Praxis umgesetzt wird, müssen allerdings noch zu beschließende Verordnungen bestimmen. 

    Um den Bereich der Kreislaufwirtschaft zu stärken, sollen Gebäude nach dem neuen Gesetz so konzipiert sein, dass sie anpassungsfähig sind und lange genutzt werden können. Bei Neubauten und Gebäudeabrissen muss Rechenschaft über die verwendeten oder freigesetzten Materialien, über das von der Baustelle zu entfernende Boden- und Gesteinsmaterial sowie über die Menge der gefährlichen Abfälle abgelegt werden.

    Wohnungsbau in Holzbauweise hat Tradition

    Holzbau hat in Finnland eine lange Tradition. Die Stärke des Landes liegt vor allem im Bereich Einfamilien- und Sommerhäuser. Der industrielle Holzbau ist hingegen noch jung. So wurde der erste Produzent von Brettsperrholz laut Finnischem Forstverband zum Beispiel erst 2014 gegründet. Das größte Wachstumspotenzial für den Holzbau liegt in Finnland bei Mehrfamilienhäusern und öffentlichen Gebäuden. Auch bei der energetischen Sanierung von Fassaden, dem Bau zusätzlicher Stockwerke und der Ausfachung von Gebäuden kann der Einsatz von Holzwerkstoffen nach Einschätzung des finnischen Ministeriums für Land- und Forstwirtschaft weiter gesteigert werden.

    Unterstützt wird die Entwicklung des Holzbaus in Finnland derzeit durch ein spezielles Förderprogramm (Puu­rakentamisen ohjelma). Das 2016 gestartete und Ende 2023 auslaufende Programm soll die Verwendung und den Mehrwert von Holz diversifizieren und steigern. Es soll dazu beitragen, dass in Finnland international wettbewerbsfähiges Know-how im Bereich Holzbau vorhanden ist. Auch die industrielle Fertigung von Holzkonstruktionen wird gefördert. 

    Neue Regierung will Holzbau weiter fördern

    Details über eine mögliche Fortführung des Förderprogramms unter der seit Juni 2023 amtierenden neuen Regierung sind derzeit nicht bekannt. In ihrem Regierungsprogramm kündigt sie allerdings an, die Holzbaubranche in Finnland weiter zu fördern und auch die Exportchancen der Branche verbessern zu wollen. Das soll unter anderem durch stärkere Anreize für den Holzbau gelingen. Zudem will sie die Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in diesem Bereich bündeln sowie in die Ausbildung und Schulung investieren. 

    Im Regierungsprogramm ist darüber hinaus zu lesen, dass der Energieverbrauch des Bausektors verringert und die Energieeffizienz von Gebäuden erhöht werden soll. Weitere Einzelheiten dazu sind derzeit nicht bekannt. Die neue Regierung will sich zudem für einen größtmöglichen nationalen Spielraum bei der Umsetzung der EU-Energieeffizienzrichtlinie für Gebäude einsetzen.

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Branchenstruktur

    Finnlands Baubranche ist ein starker Wirtschaftszweig. Vor allem große Firmen dominieren das Branchenbild. Ausländische Arbeitskräfte sind nicht wegzudenken. 

    Die Baubranche spielt in Finnland eine wichtige Rolle. Im Jahr 2022 steuerte sie nach Zahlen von Eurostat 7 Prozent zur heimischen Wertschöpfung bei. Im EU-Vergleich kamen nur Österreich (7,6 Prozent), Litauen und Slowenien (jeweils 7,1 Prozent) auf einen höheren Anteil. Rumänien verzeichnete ebenfalls einen Anteil von 7 Prozent.

    Noch deutlicher wird die Bedeutung der finnischen Baubranche beim Blick auf die Beschäftigungszahlen. Im Jahr 2021 waren laut finnischem Statistikamt mit mehr als 154.000 Personen rund 11 Prozent aller Arbeitnehmer im Land in diesem Sektor beschäftigt. Die knapp 54.500 Betriebe der Branche erwirtschafteten 2021 einen Gesamtumsatz von 40,6 Milliarden Euro.

    Großunternehmen prägen das Bild

    Der Bausektor zählt 20 Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten, auf die 2021 mehr als ein Fünftel der Branchenumsätze entfiel. Aber auch dem Mittelstand kommt eine wichtige Bedeutung zu: Betriebe mit weniger als 250 Angestellten erwirtschafteten mehr als 70 Prozent des Gesamtumsatzes. Zudem beschäftigten sie 80 Prozent aller Branchenmitarbeiter.

    Besonders sichtbar in der Bauausführung sind die Großunternehmen. Viele von ihnen sind nicht nur in Finnland, sondern auch in anderen Ländern aktiv. Mit Skanska, Peab und NCC sind auch große skandinavische Unternehmen im Land tätig.

    Wichtige Branchenunternehmen in Finnland (Umsatz in Millionen Euro; Veränderung in Prozent)

    Unternehmen

    Sparte

    Umsatz 2022

    Veränderung 2022/2021

    Mitarbeiter Jahresende 2022

    YIT Oyj

    Hochbau und Tiefbau

    2.403

    -9,0

    5.199

    Skanska Oy (Konzern)

    Hochbau und Tiefbau

    918

    -18,0

    2.104

    Peab

    Hochbau und Tiefbau

    845

    -5,4

    1.495

    Lujatalo Oy

    Hochbau

    777

    -2,9

    1.822

    SRV Yhtiöt Oyj

    Hochbau und Tiefbau

    770

    -17,4

    874

    Destia Oy

    Tiefbau

    603

    5,0

    1.639

    NCC

    Hochbau und Tiefbau

    515

    -14,2

    1.150

    GRK Infra Oyj

    Tiefbau

    451

    4,6

    937

    Pohjola Rakennus (Konzern)

    Hochbau

    394

    10,5

    282

    Jatke Oy (Konzern)

    Hochbau

    390

    15,1

    378

    Quelle: Fachzeitschrift Rakennuslehti


    Zahl der Insolvenzen steigt deutlich

    Finnlands Baubranche steht vor großen Herausforderungen. Die stark gestiegenen Materialpreise, der deutliche Zinsanstieg und der damit zusammenhängende massive Einbruch der Nachfrage haben die Bauunternehmen erheblich getroffen. Das macht sich auch in der Insolvenzstatistik bemerkbar. Laut Asiakastieto meldeten zwischen Januar und Mai 2023 etwa 350 Baufirmen Insolvenz an. Zwischen 2019 und 2022 lag die Zahl für den gleichen Zeitraum konstant bei 250 bis 260 Betrieben. Vor allem Wohnungsbauunternehmen haben Probleme.

    Von der Pleitewelle sind bei weitem nicht nur Kleinstbetriebe betroffen. So enthält die Liste von Asiakastieto auch Baufirmen mit einem zweistelligen jährlichen Millionenumsatz. Stark gezeichnet von den Herausforderungen der finnischen Baubranche ist beispielsweise auch die Lehto Group. Das Unternehmen beschäftigte 2019 im Durchschnitt noch 1.500 Personen. Im Jahr 2022 waren es 860. Zum Jahresende 2022 sogar nur noch etwa 660. Aufgrund der schlechteren Aussichten in der finnischen Baubranche hat die Lehto Group in den vergangenen Jahren schrittweise immer wieder Mitarbeiter entlassen. Im Sommer 2023 führt sie laut eigener Aussage Gespräche über die eigenen Strukturen und Besitzverhältnisse.

    Ohne ausländische Arbeitskräfte geht wenig

    Der finnische Bausektor ist stark auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen. Sowohl für Fachkräfte als auch ungelernte Arbeitskräfte gibt es einen hohen Bedarf. Besonders groß ist der Anteil in der Hauptstadtregion. Dort kommt Schätzungen zufolge jeder dritte Angestellte des Bausektors aus dem Ausland. Im restlichen Teil des Landes fällt der Anteil deutlich geringer aus. Vor allem aus dem Nachbarland Estland kommen viele Arbeitskräfte auf finnische Baustellen. Darüber hinaus spielen auch Arbeitskräfte aus Polen, Lettland und Litauen eine große Rolle.

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Rahmenbedingungen

    Ein neues Baugesetz soll Prozesse vereinfachen. Der finnische Bausektor bietet verschiedene Chancen für deutsche Unternehmen. Der Markteintritt ist jedoch eine Herausforderung.

    Einen großen Einfluss auf die Rahmenbedingungen der finnischen Baubranche wird das von der Vorgängerregierung im März 2023 beschlossene neue Baugesetz haben. Dieses soll die Bauprozesse vereinfachen sowie die Kreislaufwirtschaft und die Digitalisierung stärken. Das neue Gesetz soll am 1. Januar 2025 in Kraft treten. Unter anderem werden dann die derzeitige Baugenehmigung und die Genehmigung für Baumaßnahmen durch eine einzige Genehmigung ersetzt. Zudem wird die Schwelle für genehmigungspflichtige Bauvorhaben angehoben. Damit können in Zukunft beispielsweise kleine Lagerhallen oder eine Gartensauna mit einer Fläche von weniger als 30 Quadratmetern ohne Genehmigung gebaut werden. 

    Große Anbieter dominieren den Markt

    Öffentliche Bauvorhaben schreiben die jeweils zuständigen staatlichen Stellen direkt aus. Sie werden auf der zentralen Datenbank für öffentliche Ausschreibungen HILMA publiziert. In der Regel werden die Unterlagen jedoch nur auf Finnisch und Schwedisch veröffentlicht. Die öffentlichen Stellen für den Wohnungsbau oder den Infrastrukturausbau, aber auch die kommunalen Baubehörden sowie das Verbandswesen gelten als leistungsfähig. Unlautere Geschäftsanbahnungen sind in Finnland wie in allen nordischen Ländern bei der Marktbearbeitung unüblich. Der Markt gilt als transparent, wird in zahlreichen Teilsegmenten allerdings von wenigen, aber großen Akteuren dominiert.

    Kooperation mit lokalen Partnern kann sich lohnen

    Für deutsche Anbieter bestehen gute Geschäftschancen mit innovativen Lösungen oder Technologien, die noch nicht von ansässigen Firmen angeboten werden. Dabei kann sich die Kooperation mit lokalen Partnern lohnen. Zum Beispiel bei gemeinsamen Angeboten für komplexe Ausschreibungen in finnischer Sprache. Finnische Bauunternehmen haben durch eingespielte Liefer- und Servicebeziehungen vielfach netzwerkartige Branchenstrukturen. Weil finnische Kunden inländische Anbieter bevorzugen, verfügen diese meist über eine sehr gute Position.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Niklas Becker | Helsinki

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Finnland

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Portal 21

    Informationsangebot zu Dienstleistungen in Europa

    Työ- ja elinkeinoministeriö

    Ministerium für Arbeit und Wirtschaft

    Liikenne- ja viestintäministeriö

    Ministerium für Verkehr und Kommunikation

    Ympäristöministeriö

    Umweltministerium 

    Väylävirasto

    Finnische Agentur für Verkehrsinfrastruktur: Für die Entwicklung und Instandhaltung des Straßen-, Eisenbahn- und Wasserstraßennetzes zuständig

    Elinkeino-, liikenne- ja ympäristökeskus (ELY-keskus)

    Regionale Zentren für Wirtschaftsentwicklung, Verkehr und Umwelt

    Rakennusteollisuus RT

    Finnischer Verband der Bauindustrie

    Kiinteistönomistajat ja rakennuttajat Rakli

    Interessenverband der finnischen Immobilienbranche

    Puutuoteteollisuus

    Verband der Holzproduktehersteller

    Rakennuslehti

    Fachzeitschrift

    Rakennustaito

    Fachzeitschrift

    Puuinfo

    Holz-Magazin mit Bauschwerpunkt, Portal auch auf Deutsch

    FinnBuild

    Fachmesse, zweijährlich, nächste: 8.10. bis-10.10.24 in Helsinki

    Asuntomessut

    Jährlich stattfindende Wohnungsmesse

    Turun Rakennusmessut

    Messe für Bau und Innenarchitektur in Turku (9.2. -11.02.24)


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