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Branche kompakt Japan Bau

Die Baubranche soll grüner werden

Japan will die Baubranche klimafreundlicher gestalten. Dies wird Investitionen und Innovationen nach sich ziehen.

Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Marktchancen

    Japans Bauwirtschaft hofft auf neue konjunkturelle Impulse, um die Auftragsbücher füllen zu können.

    Bauinvestitionen etwas zurückgegangen

    Die Bauwirtschaft legt vorläufig eine langsamere Gangart ein. Aufgrund der unsicheren Entwicklung durch COVID-19 und einer schwachen Konjunktur sind die Anträge und Investitionen in neue Projekte 2020 zurückgegangen. Die Unsicherheit bleibt auch 2021 bestehen. Gemäß Prognose des Research Institute of Construction and Economy (RICE) gingen die Bauinvestitionen landesweit im Jahr 2020 das erste Mal seit 2015 nominal zurück und sollen auch 2021 schrumpfen. Dies betrifft praktisch alle Segmente, insbesondere auch den Infrastrukturbau, den vom Umfang her größten Bereich.

    Die Japan Federation of Construction Contractors sieht jedoch positive Wachstumssignale bei ihren 95 Mitgliedsunternehmen. Einer Umfrage vom Juni 2021 zufolge, wiesen die Auftragseingänge in den ersten fünf Monaten 2021 eine deutliche Erholung gegenüber 2020 auf, was insbesondere die Bauinvestitionen der öffentlichen Hand betraf wie auch die im nicht-industriellen Wirtschaftsbau. Modernisierungsvorhaben in den großen Städten sind weiter im Fokus.

    Strukturdaten zur Bauwirtschaft in Japan (in Milliarden US$; Veränderung in Prozent ) 1)

    Kennziffer

    2020 2)

    2021 3)

    Veränderung 2021/20 4)

    Wert der Bauinvestitionen insgesamt,

    davon

    590,2

    564,5

    -1,7

    Wohnungsbau

    148,1

    142,8

    -0,9

      öffentlich

    6,8

    5,9

    -11,0

       privat

    141,3

    136,9

    -0,4

     Wirtschaftsbau

    147,9

    140,5

    -2,3

     Renovierung

    64,1

    63,0

    1,0

     Infrastrukturbau

    230,0

    218,1

    -2,5

      öffentlich

    177,0

    166,6

    -3,2

      privat

    53,0

    51,5

    -0,2

    1) nominal; jeweils Fiskaljahre 1. April bis 31. März; 2) vorläufig; 3) Prognose; 4) auf Yen-BasisQuelle: The Research Institute of Construction and Economy

    Bauindustrie soll dekarbonisieren

    Was Japans Bauwirtschaft langfristig beschäftigen wird, ist der Umbau zu klimaneutralen Aktivitäten bis zum Jahr 2050. Die Bauwirtschaft gehört zu den 14 Prioritätsbereichen, die bei der Dekarbonisierung des Landes eine wichtige Rolle spielen. Bessere Dämmung, energieeffizientere Bauweisen und andere Maßnahmen sollen die Kohlendioxidemissionen senken helfen. Zukünftig sollen mehr Null-Emissions-Häuser und Null-Energie-Gebäude entstehen.

    Zudem geht es um neue oder bessere Bauwerkstoffe, wie etwa um Holzbauweise oder Bauteile mit integrierten Solarzellen. Eine Innovation in dieser Richtung ist die Nutzung von Kohlendioxid, das bei der Herstellung von Zement gebunden wird. Japans Baukonzerne Taisei oder auch Kajima melden Fortschritte in dieser Richtung. Bislang gilt die Zementproduktion als wichtiger Verursacher von Kohlendioxidemissionen.

    Infrastruktur kommt in die Jahre

    Ein wichtiger Faktor für die Wirtschaft ist die Modernisierung der Infrastruktur. Laut dem zuständigen Ministry for Land, Infrastructure, Transport and Tourism (MLIT) werden im Jahr 2027 fast die Hälfte der Straßenbrücken des Landes 50 Jahre und älter sein. Daher sind hohe Investitionen eingeplant, diese entweder zu modernisieren oder zu ersetzen. Die erforderlichen Investitionen bewegen sich in der Größenordnung von 50 bis 60 Milliarden US$ pro Jahr.  

    Japan ist stark verschuldet. Daher greifen der Staat und die Präfekturen auf das Instrument der Private Financial Initiative (PFI) zurück, um die öffentliche Versorgung auszubauen oder zu modernisieren, wie etwa Krankenhäuser, Wasser-/Abwassersysteme und Flughäfen. Die Zahl der Projekte auf dieser Basis hat in den letzten Jahren stetig zugenommen; im Fiskaljahr 2019 lag der Wert der PFI-Vorhaben laut Kabinettbüro bei umgerechnet 60 Milliarden US$ (Fiskaljahr 2018: 57 Milliarden US$). Nach den bislang gesammelten Erfahrungen will die Regierung den Bau, die Instandhaltung und den Betrieb von Infrastruktur als Konzessionssystem weiterführen.

    Stadtmodernisierung ist ein Dauerthema

    Stadtmodernisierung spielt als ein Motor der Bauwirtschaft eine wichtige Rolle. Alle Gebäude, die vor 1981 gebaut wurden, entsprechen nicht den neuesten Standards ("Building Standards Law Enforcement Ordinance') , die Erdbeben der Stärke 6 und höher (gemäß JMA seismic intensity scale) aushalten sollen. Laut einer Untersuchung von MLIT aus dem Jahr 2018 waren 7 Millionen Gebäude des landesweiten Bestandes vor 1981 gebaut, rund 46,6 Millionen Gebäude danach.

    Die Metropolregion Tokyo mit mehr als 35 Millionen Einwohnern bleibt dabei der wichtigste Bauplatz, wie etwa die Erneuerung eines 70.000 Quadratmeter großen Areals im Uchisaiwaicho-District in Tokyo oder die Erneuerung im Bereich von Japans berühmtester Brücke, der Nihonbashi. Im Zuge des Rückbaus der darüber führenden Hochstraße soll die Wasserfront neu gestaltet werden. Als Ausrichter der nächsten Weltausstellung "Expo 2025" soll Japans zweitgrößte Stadt, Osaka, ebenfalls eine kleine Sonderkonjunktur bei der Stadterneuerung erfahren.

    Ausgewählte Großprojekte in Japan (Investitionen in Milliarden US$)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Anmerkungen

    Nihonbashi Development Project, Tokyo

    bis zu 9 

    Fertigstellung: 2040

    Mitsui Real Estate

    Toranomon-Azabudai District Category 1st Urban Redevelopment Project, Tokyo

    5,4

    Baubeginn: 2019

    Fertigstellung: 2023

    Mori Building

    Wakayama Marina IR City Project, Wakayama

    4,3


    Fertigstellung: 2027

    Wakayama Präfektur

    Uchisaiwaicho 1Chome Development Project, Tokyo

    2,3

    Baubeginn: 2024

    Fertigstellung: 2036

    Imperial Hotel, Büro, Apartments

    Mitsui Real Estate

    Umekita Development Project, Osaka

    1,7

    Start: 2020

    Fertigstellung: 2026

    Osaka Prefectural Government

    Akasaka Entertainment City Project, Tokyo

    1,8

    Fertigstellung: 2028

    TBS, Mitsubishi Real Estate

    Expo '70 Commemorative Park Redevelopment Project, Osaka

    k.A.

    Start: 2023

    Fertigstellung: 2037

    Konsortium Mitsubish Shoji, AEG, Kepco


    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Städte sollen smarter werden

    Für die Entwicklung der Bauwirtschaft spielt auch Japans Initiative zur Errichtung von Smart Cities eine Rolle. Die Art und Weise, wie Stadtbewohner interagieren und sich bewegen, ändert sich, und dem sollen sich auch die Städte mit Konzepten der Digitalisierung, neuer Mobilität und Nachhaltigkeit anpassen. Dazu ist im Sommer 2019 eine Smart City Public-Private Partnership Platform geschaffen worden, der mittlerweile bereits rund 600 Mitglieder aus verschiedenen Bereichen angehörten. Bei den meisten ausgewählten Vorhaben handelt es sich um Stadtmodernisierungsprojekte.

    Das Konzept einer Zukunftsstadt will Toyota mit seiner "Woven City" von Grund auf realisieren. Auf einem ehemaligen Produktionsgelände des Unternehmens am Fuße des Mount Fuji entsteht eine völlig neue Modellstadt. Mit dem Bau des Projekts, konzipiert durch das dänische Architektenbüro Bjarke Ingels Group, wurde Anfang 2021 begonnen. Neben der Digitalisierung steht die Nachhaltigkeit im Fokus, zum Beispiel durch die Nutzung von Holz als Baumaterial, wie auch der Einsatz erneuerbarer Energien.

    Auslandsaufträge gewinnen an Bedeutung

    Aufgrund einer schrumpfenden Bevölkerung in Japan und sinkender Aussichten auf Großprojekte im Heimatmarkt schauen die einheimischen Baukonzerne verstärkt ins Ausland. Zudem gibt die japanische Regierung sehr günstige Kreditbedingungen, um den Infrastrukturbau vor allem in Entwicklungsländern zu unterstützen. Daher sind Japans Generalunternehmen bereits seit längerem im Ausland aktiv, wie beispielsweise bei vielen Projekten der Asian Development Bank oder vielen öffentlichen Vorhaben in asiatischen Ländern. Für deutsche Bauzulieferer kann das Geschäft in Drittmärkten durchaus interessant sein, wofür gute Kontakte zu den japanischen Bauunternehmen helfen.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Branchenstruktur

    Die Bauwirtschaft stellt mit einem Anteil von circa 5,4 Prozent an der volkswirtschaftlichen Leistung Japans einen wichtigen Wirtschaftsbereich dar.

    Große Baukonzerne dominieren

    Japan hat eine umfangreiche Bauindustrie, die dominiert wird von wenigen großen Generalbauunternehmen und einer Vielzahl von kleinen, lokalen Baufirmen. Die Statistik des zuständigen Branchenministeriums verzeichnete Ende 2020 mehr als 473.952 Unternehmen aller Größen, die im Bausektor tätig sind. Die Zahl der Baufirmen hat in den vergangenen Jahren weiter zugelegt. Darunter verfügten 149 ausländische Firmen (Stand: Ende März 2019) über eine Lizenz in Japan, hauptsächlich Ingenieurs-Consultingfirmen und Bauzulieferer.

    An der Spitze der Baupyramide stehen fünf japanische Baukonzerne, die umsatzmäßig alle über 10 Milliarden US$ liegen, allen voran Obayashi und Kajima. Umfangreiche Großprojekte in Japan, wie beispielsweise die Modernisierung von Innenstadtbereichen, werden von den großen Generalunternehmen in Kooperation mit den Immobilienentwicklern durchgeführt. Zudem sind sie im Infrastrukturbau und bei öffentlichen Bauvorhaben stark vertreten. Diese sind bestens vernetzt.

    Größte Baufirmen in Japan, Fiskaljahr 2020* (in Milliarden US$)

    Firmen

    Umsatz

    Obayashi

    16,5

    Kajima

    17,8

    Taisei

    13,8

    Shimizu

    13,6

    Takenaka

    11,6

    *Fiskaljahr 1. April 2020 bis 31. März 2021Quelle: Firmen-Webseiten

    Automatisierung macht Fortschritte

    Es sind auch die großen Firmen, die in Automatisierung investieren, da es an Arbeitskräften fehlt und die Belegschaft altert. Laut Japan Federation of Construction Contractors sind gegenwärtig 35 Prozent der Bauarbeiter über 55 Jahre alt. Noch ist der Anteil von Robotern und automatisierter Ausrüstung klein, aber die Unternehmen wollen diesen mit Fortschritten in der Technologie schnell erhöhen.

    Der Baukonzern Shimizu beispielsweise setzt seit 2018 die ersten Roboter ein, um das Heben und Befördern von schweren Baumaterialien oder andere gesundheitsgefährdende Tätigkeiten zu übernehmen. Zudem werden Roboter auch für Schweißarbeiten genutzt. Ein anderer Baukonzern, Fujita, setzt auf Baustellen ferngelenkte Abrissroboter ein. Obayashi nutzt bei einem gegenwärtig im Bau befindlichen Damm in der Präfektur Mie, der zwischen 2020 und 2023 gebaut wird, teilweise automatisierte Ausrüstung. Der Generalunternehmer Taisei erprobt den Einsatz von 3D-Druck, um Brückenteile und andere Baukomponenten vorzufertigen.

    Klimafreundliches Bauen nimmt zu

    Die Bauunternehmen, wie Sekisui House, Daiwa House, Panasonic oder Toyota Home, haben Null-Emissions-Häuser in ihren Portfolios. Sie erweitern ihr Angebot auch auf Wohneinheiten in größeren Gebäuden, unter anderem durch bessere Dämmung, Fenster, Begrünung etc.  Beispielsweise hat Sekisui House früh in dieses Segment investiert. Das Unternehmen hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 eine Verringerung der Kohlendioxidemissionen von 50 Prozent anzustreben. Bei Daiwa House sind es 30 Prozent vom Basisjahr 2015 gerechnet.

    Letztlich soll erreicht werden, dass Häuser und Gebäude während ihrer Lebensdauer eine negative Emissionsbilanz erzielen, vom Bau bis zum Abriss und der Wiederverwendung von Baumaterial. Dabei helfen unter anderem auch die Verwendung von Brennstoffzellenbatterien für die Elektrizitätsspeicherung (sogenannten ENE-FARMS) und Ladestationen für Elektroautos unterstützen.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Rahmenbedingungen

    Die japanische Bauwirtschaft bildet ein eng vernetztes System. Gute Kontakte zu relevanten Branchenunternehmen und Ausschreibungseinrichtungen sind sehr wichtig. 

    Marktzutritt braucht Kontakte  

    Für ausländische Bauunternehmen ist der japanische Markt nicht leicht zugänglich. Viele Aufträge - privater oder öffentlicher Natur - sind ohne die Zusammenarbeit mit lokalen Projektentwicklern oder Generalunternehmen nur schwer an Land zu ziehen. Denn der überwiegende Teil der Informationen ist in japanischer Sprache, gerade auch wenn es sich um Projekte auf Präfekturebene handelt. Bei privatwirtschaftlichen Projekten ist nur geringe Transparenz gegeben.

    Ohne eine örtliche Vertretung ist die Sammlung von Projektfrühinformationen für Ausschreibungen schwierig. Zwar gibt es Unternehmen, die sich auf den Verkauf solcher Informationen spezialisiert haben. Aber die Kontaktherstellung wie auch die Teilnahme an Pre-Tender-Konferenzen noch vor Eröffnung eines Ausschreibungsverfahrens sind dadurch nicht möglich. Das japanische Außenministerium stellt relevante Informationen zum Ausschreibungssystem in englischer Sprache zur Verfügung. 

    Über staatliche Ausschreibungen informiert die japanische Außenhandelsorganisation JETRO auf ihrer Beschaffungsplattform, die in englischer Sprache zur Verfügung gestellt wird. Die offizielle Regierungswebseite für Ausschreibungen - Kanpo - ist in japanischer Sprache. 

    Trotz aller Hürden ist der japanische Baumarkt auch für ausländische Unternehmen mit Nischenangeboten lukrativ - vor allem wenn besondere Technologien, Materialien oder Ausrüstungen gefragt sind, über die japanische Unternehmen nicht verfügen. Darunter fällt beispielsweise das Thema energieeffizientes Bauen. Bei architektonisch spektakulären Gebäuden sind immer wieder ausländische Firmen beteiligt.

    Augrund des Ziels der Regierung, Japan klimaneutral umzugestalten, soll die Bauwirtschaft bis 2030 etwa 5,6 Millionen Tonnen Kohlendioxid einsparen. Die Ministerien sind dabei, die entsprechenden Standards zu formulieren und ein Evaluierungssystem zu entwickeln, um die Energieeffizienz verschiedener Arten von Gebäuden einordnen zu können.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht zur Verfügung sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Jürgen Maurer | Tokyo

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Japan

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministry of Land, Infrastructure, Transport and Tourism (MLIT)

    Strategie und Planung für die Bauindustrie, Erhebung von Statistiken

    Research Institute of Construction and Economy (RICE)

    Unabhängige Forschungseinrichtung für die Bauindustrie
    unter dem MLIT

    Japan Federation of Construction Contractors

    Verband der Generalunternehmer

    Japan Home + Building Show

    Größte inländische Fachmesse für den Wohnungsbau,
    nächster Termin: 11. bis 19.11.2021 in Tokyo Big Site

    Public Works Procurement Information Service

    Informationen über Ausschreibungen (japanisch)

    Private Finance Initiative-PFI

    Informationen über Projekte (japanisch)


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