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Branche kompakt | Kanada | Automobilsektor

Investitionen lassen angeschlagene Autoindustrie hoffen

Kanada wird künftig verstärkt auf E-Mobility setzen und fördert seinen Kfz-Sektor.  

Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Markttrends

    Kanadas Automobilsektor schaut trotz Produktionsrückgang positiv in die Zukunft. Elektromobilität und höhere Auflagen für lokale Wertschöpfung sollen den Sektor beflügeln.

    Kanadischer Kfz-Sektor kämpft mit Chip-Problemen und investiert in Elektromobilität 

    Die Pandemie hat dem kanadischen Automobilsektor stark zugesetzt. Anfangs hinderten Gesundheitsauflagen die Produktion und Verbraucher in Kanada und den USA legten in der Hochzeit der Krise eher Geld zurück, als es für langlebige Konsumgüter wie Kfz auszugeben. Mittlerweile ist die Nachfrage zurückgekehrt. Jedoch senken Lieferkettenstörungen teilweise die Auslastung der Produktion und verringern das Angebot. Die Autobauer Ford und Stellantis befinden sich bereits in eingeschränkter Schichtarbeit oder rechnen mit Drosselungen für die 1.Jahreshälfte 2022. Sie könnten, so Stellantis, aktuell nicht genug Mikrochips für die Produktion sichern. 

    Preise für Neu- und Gebrauchtwagen sind dadurch deutlich gestiegen. Gleichzeitig stört die Pandemie noch immer die globale Logistik, die für eine reibungslose just-in-time Produktion nötig ist, was den Preisdruck ebenfalls beflügelt.

    Trotz des aktuell schwierigen Umfelds ist die Zukunft für Kanadas Autoindustrie nicht düster. Das liegt vor allem an den Aussichten für mehr lokale Wertschöpfung unter den Bestimmungen des neuen nordamerikanischen Freihandelsabkommens CUSMA, den beschlossenen Investitionsentscheidungen großer Automobilhersteller in die kanadische Fertigung von Elektroautos sowie am wachsenden Ökosystem für vernetzte Mobilität und autonomes Fahren. Der kanadische Automobilstandort in Nordamerika hatte in den vergangenen Jahrzehnten schleichend Marktanteile an Mexiko und die US-amerikanischen Südstaaten verloren. Mit CUSMA, einem neuen Industriefokus auf E-Mobility und automatisiertem und vernetztem Fahren soll der Sektor wieder dazugewinnen. 

    Ein Katalysator für die Autoindustrie könnte dabei die Politik der kanadischen Regierung werden. Ottawa will die Elektrifizierung des Verkehrs forcieren und verabschiedete vor einigen Monaten eine neue Richtlinie. Danach gilt ab 2035 verpflichtend, dass alle neu verkauften Pkw und leichten Nutzfahrzeuge sogenannte Zero Emission Vehicle (ZEV, Nullemissionsfahrzeuge) sind. Dies beschleunigt das vorher vereinbarten Ziel von 100 Prozent ZEV-Neuzulassungen im Jahr 2040.

    Lokale Wertschöpfung in der Automobilindustrie wird steigen

    Kanada lieferte sich einen harten Kampf in der Ausgestaltung des NAFTA-Nachfolgers CUSMA. Nun profitiert der Kfz-Standort Kanada von den dort ausgehandelten Bedingungen für höhere lokale Wertschöpfungsanteile in der Kfz- und Kfz-Teile Produktion.

    Der Präsident des kanadischen Verbands APMA Flavio Volpe glaubt, dass die neuen lokalen Wertschöpfungsbedingungen vor allem der Teileindustrie Auftrieb geben werden. Komponenten wie Sensoren und Kameras und andere Hightech-Systeme für Autos werden zukünftig aus der Region kommen. Künftig werden auch Batterien und Elektromotoren lokal produziert werden und viele Investitionen in den Standort nach sich ziehen, ist sich Volpe sicher.

    Autobauer wie Ford, Stellantis und GM gaben bereits Investitionen für die Umrüstung ihrer kanadischen Werke auf die Fertigung von Elektrofahrzeugen bekannt. Ungewiss hingegen bleibt, ob eine angeschlossene Batteriezellenfertigung folgt. GM, Ford und Toyota werden, trotz ursprünglich anderer Zusagen, ihre Batteriekapazitäten in den USA aufbauen. Stellantis ist für das Land aktuell die letzte Hoffnung unter den Kfz-OEMs.

    Kanadas Politik und Industrieverbände hoffen, dass es gelingt, eine vollständige Lieferkette für die Batterieproduktion aufzubauen. Ziel ist es, die Kfz-Fertigung für Jahrzehnte im Land zu halten. Deutschlands Expertise entlang der Wertschöpfungskette der Batterieproduktion böte dann Exportchancen für Zulieferer.

    CUSMA bedeutet auch mehr Protektionismus als unter NAFTA und höhere Preise für Endverbraucher - unter anderem beim Kauf von Autos. Auch Compliance-Kosten für lokale Komponentenlieferanten werden mit den komplexeren Auflagen von CUSMA steigen. Die kanadische Automobilzulieferindustrie rechnet dennoch fest mit einem Absatzschub durch das neue Freihandelsabkommen. Der Branchenverband APMA erwartet zusätzlichen Umsatz von 8 Milliarden US-Dollar (US$) pro Jahr für seine Unternehmen. Auch die eng verknüpften kanadischen Aluminium- und Stahlsektoren sollten durch CUSMA-Vorschriften profitieren.

    Autobauer und Zulieferer prüfen also in erster Linie den Anteil ihrer importierten Vorprodukte, die nicht aus Nordamerika stammen. Ausländische Zulieferprodukte könnten künftig weniger nachgefragt werden. So kann es für etablierte deutsche Zulieferer zur nordamerikanischen Automobilproduktion unter Umständen attraktiv werden, Produktionsstätten nach Nordamerika auszuweiten.

    Ontarios Automobil- und Mobilitätsökosystem wächst heran

    Die wichtigste Provinz für den kanadischen Automobilsektor ist Ontario. Hier wächst ein ganzes Ökosystem rund um das Thema Automobil und vernetzte Mobilität zusammen. Neben den großen Fahrzeugproduktionen und den zahlreichen Kfz-Teileherstellern in Ontario greifen Wissenschaft, Industriecluster, Talentschmieden und "Acceleratoren" sowie Wirtschaftspolitik so ineinander, dass in dem Mobilitätsökosystem Innovationen entstehen können.

    Zu den wichtigsten Stakeholdern in diesem System gehört der Privatsektor mit 5 OEM (Original Equipment Manufacturer) sowie hunderten von Kfz-Zulieferern (Tier 1-3), Technologieunternehmen (Software, Infotainment, Cybersicherheit), Finanz- und Versicherungsdienstleistern sowie Telekommunikations- und Logistikunternehmen. Aber auch der öffentliche Sektor ist Teil des Ökosystems, zum Beispiel über Regierungsinitiativen wie das Autonomous Vehicle Innovation Network (AVIN). Dies soll die Kommerzialisierung von fortgeschrittener Automobiltechnologie und neuer Mobilitätslösungen aus Ontario fördern. Dazu sind Regulierungsbehörden, Universitäten, Inkubatoren sowie Verbände mit im Boot.

    Nach Angaben von AVIN investiert die Privatwirtschaft kräftig in Forschung und Entwicklung von Automobiltechnologien und in den Smart-Mobility-Sektor. Dazu fließen hohe Milliardeninvestitionen in öffentliche-private-Partnerschaften für regionale Infrastrukturprojekte und Ontarios Mobilitätsökosystem profitiert bereits von 50 Inkubatoren und Acceleratoren mit mehr als 200 kleine und mittlere Unternehmen.

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • E-Mobility

    Nullemissionsfahrzeuge stellen ein Zehntel der neu zugelassenen Kfz in Kanada und gewinnen kräftig Marktanteile. Die Ziele der Regierung für den ZEV-Absatz sind ehrgeizig.

    Kanada will globale Vorreiterrolle bei ZEV einnehmen

    Kanada setzt verstärkt auf Elektromobilität. Die starke Klimaschutzagenda der Regierung mit der klaren Zielsetzung, den Markt für Zero Emission Vehicle (ZEV) schnell auszubauen und die steigende Nachfrage nach Elektroautos in der kanadischen Bevölkerung ebnen den Weg für E-Mobility in Kanada. Dazu kommen Förderprogramme für den Kauf von ZEV. 

    Premierminister Justin Trudeau sieht darüber hinaus in der fortgeführten Integration der Lieferketten in der Automobilindustrie mit dem langjährigen Partner USA gute Chancen für einen Wandel der kanadischen Autoindustrie hin zur Elektromobilität. Trudeau betont dabei auch den in Kanada vorhandenen Reichtum an mineralischen Rohstoffen, die unter anderem für Batterieproduktionen nötig sind und die Kanada als verlässlicher Partner mit den nötigen Umwelt- und Menschenrechtsstandards beisteuert. Diese Rahmenbedingungen, glaubt die Regierung, sind ein Grund für die kürzlich zugesagten Investitionen von Ford, GM und Stellantis in kanadische Lieferketten für ZEV.

    Einen Stein ins Getriebe werfen könnten dabei drastische Maßnahmen wie die von den USA kürzlich vorgeschlagene Begünstigung für in den USA gefertigte Elektroautos. Die Förderung käme einem Zoll auf kanadische E-Autos von über 30 Prozent gleich und führte zu schweren Protesten der kanadischen Regierung und der Ankündigung von Gegenmaßnahmen.

    Sportliche Zielsetzung für den Absatz von Nullemissionsfahrzeugen 

    Kanadas Regierung will den CO2-Ausstoß im Transportsektor radikal reduzieren, da dieser die zweitgrößte Quelle für Treibhausgasemissionen (THGE) im Land ist. Kanada hat Ambitionen, bei der Nutzung von ZEV zur Weltspitze aufzusteigen und will den lokalen Markt für ZEV mit Kaufanreizen aufbauen. Ziel der Regierung ist es, die Quote an ZEV bei den Pkw-Verkäufen in Intervallen bis 2035 auf 100 Prozent zu steigern. Bis 2030 soll die Quote 50 Prozent betragen. Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es eines sehr großen Nachfrageschubs, sollen bereits 2035 ausschließlich ZEV in Kanada verkauft werden. Pkw geben in Kanada aktuell etwa 11 Prozent aller THGE ab.

    Folgen der Zielsetzung weitere Taten in der Förderung, wird Kanada auch in den nächsten Jahren ein interessanter Markt für ZEV bleiben. Aktuell fahren etwa 200.000 ZEV auf kanadischen Straßen. Das sind weniger als 1 Prozent der hier zugelassenen Kfz (light duty vehicle).

    Nachfrage nach Elektroautos nimmt stetig zu - wenn Förderung vorhanden

    Schon heute erlangen Elektroautos Jahr für Jahr ein größeres Stück vom Kuchen bei den Kfz-Zulassungen in Kanada. Die neuesten Zahlen aus dem Im 3. Quartal 2021 zeigen 23.962 neu zugelassene ZEV (inklusive Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge). Aktuell fallen also etwa 10 Prozent aller Neuzulassungen in Kanada auf ZEV. Im Vorjahr waren es noch 5,8 Prozent. Die Quote ist im Vergleich zu einzelnen europäischen Ländern zwar noch gering, bildet aber die Spitze im nordamerikanischen Markt. Das mit Abstand meistverkaufte ZEV in Kanada ist Teslas Model 3 (12.800 Stück, 2021), gefolgt vom Hyundai Kona (6.900), dem Tesla Y (6.400) und dem Chevrolet Bolt (4.700). Erste deutsche Automarke in der Liste ist an Stelle 12 der Volkswagen ID 4.

    Die Coronakrise führte zu einem Absatzeinbruch im Kfz-Markt insgesamt, sowohl 2020 als auch 2021. Allerdings scheinen die Elektrofahrzeuge davon weniger betroffen als Autos mit Verbrennungsmotoren. Der Absatz von Benzinern sank vom 3. Quartal 2020 auf 2021 um 16 Prozent, der von Dieselfahrzeugen um 26 Prozent.

    Noch immer sind aber höhere Anschaffungspreise ein wichtiges Hindernis beim Kauf von ZEV.  Die Kosten lagen nach Berechnungen von TD Economics 2020 noch immer 10.000 bis 20.000 US$ über dem Preis vergleichbarer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Doch mit stetig sinkenden Preisen erwarten Ökonomen eine Parität in der Anschaffung etwa 2023.

    Interesse an ZEV regional unterschiedlich hoch

    Seit der Einführung von Kaufanreizen für Fahrzeuge mit batterieelektrischen und Plug-in-Hybrid-Antrieben steigt deren Absatz. Käufe von Zero Emission Vehicle in der Kategorie leichte Fahrzeuge fördert die kanadische Regierung seit Mai 2019 mit bis zu 3.800 US$ (5.000 CAD) unter dem iZEV-Programm. Über drei Viertel des Förderbudgets unter iZEV (230 Millionen US$) waren nach gut einem Jahr bereits ausgeschöpft. Etwa 86 Prozent der genutzten Fördermittel wurden in Quebec und British Columbia abgerufen und über 53.000 Käufer nahmen den Rabatt insgesamt in Anspruch. In den Provinzen Quebec und British Columbia werden die meisten Elektroautos pro Kopf verkauft, gefolgt von Ontario. Erstere sind aktuell auch die einzigen Provinzen mit einem kombinierbaren, zusätzlichen Förderprogramm für den Erwerb eines E-Autos. Etwa 93 Prozent aller neuen ZEV wurden 2021 in Quebec, British Columbia und Ontario zugelassen; zwei Drittel davon sind batterieelektrische Fahrzeuge (BEV).

    Ohne Förderung für den Kauf von ZEV ist eine stärkere Marktdurchdringung in Kanada bisher sehr schwierig. Das konnte gut in Ontario beobachtet werden: Nachdem die Kaufanreize Anfang 2019 gestrichen wurden, sank der Absatz von ZEV im nächsten Halbjahr um 50 Prozent und konnte bis heute nicht die Höhe von 2018 wiedererlangen. 

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Marktchancen Kfz-Absatzmarkt

    SUV und Pickup-Trucks dominieren den kanadischen Markt. Nullemissionsfahrzeuge gewinnen deutlich an Bedeutung. 

    Kfz-Absatz im kanadischen Markt auf Erholungskurs

    Der Verkauf von Kfz (Pkw und leichte Nutzfahrzeuge) hat 2021 nach einem starken, pandemiebedingten Einbruch im Vorjahr wieder zugenommen. Kanadier kauften nach Angaben von DesRosiers Automotive Consultants etwa 1,6 Millionen Neuwagen (Light Vehicle Sales) und damit 6,6 Prozent mehr als im vergangenen Jahr. Die Pkw-Verkäufe sanken 2021 um 0,1 Prozent. Der Absatz leichter Nutzfahrzeuge, worunter auch SUV fallen, stieg um 8,3 Prozent.

    Nachdem die Kfz-Branche 2020 herbe Verluste von fast 20 Prozent hinnehmen musste, setzte die erwartete Erholungsphase 2021 ein. Noch immer liegen die Abverkäufe allerdings weit unter dem Level von 2019 (-15 Prozent). Die Scotiabank erwartet in ihrem Ausblick für den Kfz-Sektor, dass der Absatz 2022 deutlich steigt. Allerdings dürfte das 1. Quartal noch ohne Wachstum verstreichen. Die Halbleiterkrise beeinflusst auch in Kanada das vorhandene Angebot. Der Lagerbestand vieler Hersteller erholt sich zwar, bleibt aber niedrig und die aktuelle Coronasituation unter der Omikronvariante schürt Unsicherheit für die kanadische Produktion im 1. Quartal 2022.

    Auf der anderen Seite stehen die Chancen gut, dass die Kfz-Nachfrage zunimmt. Viele Kanadier sparten seit Beginn der Coronapandemie deutlich mehr als davor. Nun wollen die Haushalte wieder konsumieren. Dazu steigt die Beschäftigungsquote und auch die Löhne erfahren einen Aufwärtsdruck. Der kürzlich erhöhte Mindestlohn auf Bundesebene könnte nur der Anfang einer sanften Lohnspirale sein. Sie wäre eine natürliche Reaktion auf das aktuell erhöhte Preisniveau in Kanada, welches Anfang 2021 durch hohe Rohstoffpreise und Beschaffungsengpässe in vielen Branchen in Gang gesetzt wurde und bis heute anhält. 

    Das aktuelle Missverhältnis von knappem Angebot und steigender Nachfrage im Kfz-Sektor führt somit zu steigenden Autopreisen. Scotiabank berechnet, dass Neuwagen Ende 2021 im Schnitt 6 Prozent teurer waren als im Vorjahr.

    Marktanteil von Elektroautos steigt 

    Trotz Pandemie und steigenden Kosten werden Elektroautos immer stärker nachgefragt und gewinnen Marktanteile. Die aktuellsten Zahlen von Statistic Canada zeigen, dass in den ersten drei Quartalen 2021 bereits 10,7 Prozent aller Neuzulassungen auf Nullemissionsfahrzeuge (ZEV, inklusiver aller Hybridantriebe) entfallen. Im Vorjahreszeitraum waren es noch 6,3 Prozent. Insgesamt wurden im 3. Quartal 2021 fast 50.000 ZEV zugelassen.

    Obwohl also die Neuzulassungen im Quartalsvergleich insgesamt um über 12 Prozent sanken, legten Neuzulassungen von ZEV um knapp 50 Prozent zu. Vor allem die Nachfrage nach "Hybrid Electric" Antrieben (+62 Prozent) und Plug-in-Hybrid Fahrzeugen (+73 Prozent) explodierte. Die Anzahl der Fahrzeuge mit reinem Batterieantrieb stieg im gleichen Zeitraum etwa 26 Prozent.


    Absatz von Kfz in Kanada (Stückzahl; Veränderung in Prozent)

    Kategorie

    2020

    2021

    Veränderung 2021/2020

    Kfz gesamt, davon:

    1.537.388

    1.638.398

    6,6

     PKW

    308.593

    308.169

    -0,1

     Leichte Nutzfahrzeuge *)

    1.228.795

    1.330.229

    8,3

    *) Pick-up-Trucks und Sport Utility Vehicles (SUV)Quelle: DesRosiers Automotive Consultants, 2022


    SUV und Pickup-Trucks gewinnen weiter Marktanteile

    Die drei meistverkauften Modelle im Segment leichte Nutzfahrzeuge waren 2021 wie in den Jahren zuvor die Ford F-Serie, die Ram-Pickup-Serie sowie der Toyota RAV 4. Bei den Pkw ist der Honda Civic weiterhin das gefragteste Modell, gefolgt vom Toyota Corolla und dem Hyundai Elantra. Der Kauftrend für leichte Nutzfahrzeuge verstärkt sich weiter rapide - auf Kosten des Pkw-Absatzes.

    Dies setzt die Entwicklung der vergangenen Jahre fort, in denen Kanadier mehr leichte Nutzfahrzeuge kauften als jemals zuvor. Von 100 gekauften Fahrzeugen waren 2021 insgesamt 81 sogenannte leichte Nutzfahrzeuge. Noch 2010 teilten sich Pkw und SUV den kanadischen Markt etwa 50/50, und 2018 lag der Anteil an verkauften leichten Nutzfahrzeugen noch bei 70 Prozent.

    Die Marktanteile von Audi (1,8 Prozent), BMW (1,9), Mercedes-Benz (2,2) und Porsche (0,6) stagnierten im Jahresvergleich 2020/2021. Allein Volkswagen erhöhte sein Gewicht im Markt und verkauft nun 3,7 Prozent aller Neuwagen in Kanada.

    Absatz von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen nach Herstellern in Kanada (Stückzahl; Veränderung und Marktanteil in Prozent)

    Hersteller

    Absatz 2021

    Veränderung 2021/20

    Marktanteil 2021

    Top 5: 

    Ford

    243.447

    1,7

    14,9

    General Motors 

    217.475

    -0.5

    13.3

    Toyota

    199.308

    16,8

    12,2

    Fiat Chrysler Automobiles

    161.482

    -9,7

    9.9

    Honda

    131.254

    4,2

    8,0

    Deutsche Hersteller:

    Volkswagen

    60.299

    21,0

    3,7

    Mercedes-Benz

    36.240

    2,4

    2,2

    BMW

    30.651

    20,2

    1,9

    Audi

    28.790

    11,2

    1,8

    Porsche

    9.141

    23,5

    0,6

    Quelle: DesRosiers Automotive Consultants, 2022


     

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Marktchancen Automobil- und Kfz-Teile-Produktion

    Die Produktion von klassischen Verbrennern sinkt und OEM in Kanada rüsten zunehmend auf Elektrofahrzeuge um. Autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien sind die Zukunft.

    Kanadas Kfz-Produktion sackt ab

    Insgesamt sinkt die Kfz-Produktion in Kanada seit 2016 kontinuierlich, und sie erreichte 2021 einen neuen Tiefpunkt. Liefen in Ontario 2004 noch 2,7 Millionen leichte Nutzfahrzeuge vom Band, sind es heute nur noch 1,1 Millionen. Der Output der Industrie wurde in den letzten zwei Coronajahren fast halbiert, denn noch 2019 fertigten die fünf großen Autobauer über 1,9 Millionen Fahrzeuge. Die Produktion sollte sich in diesem Jahr wieder erholen, wobei große Sprünge aufgrund der anhaltenden Halbleiterengpässe wohl nicht zu erwarten sind. 

    Große Kapazitätszuwächse - trotz Aufbau neuer E-Auto Fertigungen einiger Hersteller - sind für die kommenden Jahre nicht abzusehen. Dazu besteht Unsicherheit über den künftigen Bedarf an Arbeitskräften in der Branche, sollte die Umstellung von Produktionen auf Elektroautos zügig erfolgen. Deren Fertigung erfordert nicht nur weniger Werkarbeiter, sondern auch deutlich weniger Teile. Viele Zulieferbetriebe, zum Beispiel aus der klassischen Antriebstechnik, müssen zukünftig mit einer fallenden Nachfrage für ihre Produkte rechnen.

    Ontario ist nach Angaben des Autonomous Vehicle Innovation Network (AVIN) die einzige Region weltweit mit fünf OEM - Ford, FCA (Stellantis), GM, Honda und Toyota. Die Hauptwerke der "Detroit Drei", General Motors (GM), Stellantis und Ford, liegen in Windsor, Oshawa, Oakville, Ingersoll and Brampton, Ontario. Toyota (Cambridge, Woodstock) und Honda (Alliston) produzieren ebenfalls in Ontario. Alle großen Hersteller haben sich zum Standort bekannt und investieren in Kanada. Dabei steht der Wandel vom Verbrennungsmotor zum Elektroantrieb im Fokus. Eine Übersicht der in Kanada produzierten Modelle bietet die Regierungswebseite.

    Kanada setzt Fokus auf autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien

    Ein neues Exzellenzzentrum für Cybersicherheit in selbstfahrenden Autos, angesiedelt in der Universität Windsor, wird das erste seiner Art in Kanada sein. Im "SHIELD Automotive Cybersecurity Centre of Excellence" untersuchen Forscher die Schwachstellen von Hard- und Software in autonomen Fahrzeugen. Sie entwickeln Datenschutz- und Sicherheitsdesigns für vernetzte Fahrzeuge, um unter anderem die Anonymisierung von erhobenen Fahrzeugdaten sicherzustellen. Das Zentrum hat mit dem Kfz-Teile-Verband APMA einen einflussreichen Partner an der Seite, der die Entwicklung neuer Sicherheitsstandards mitgestalten will. So, hofft APMA, werden auch Produktionsmandate für neue Technologien im Bereich Connected Car in Kanada bleiben.

    Der Branchenverband APMA ist sich sicher, dass die Connected-Car-Technologie ist für den Standort der richtige Weg ist. Verkehrstelematik, umweltbezogene Daten, Konnektivität und fortgeschrittene Fahrassistenzsysteme seien die Zukunft für Kanada. Vor allem das ausgeprägte Tech-Umfeld inklusive des staatlich geförderten Advanced-Manufacturing-Clusters in Ontario sowie des Toronto-Waterloo-Hubs für künstliche Intelligenz bilden einen guten Rahmen für Entwicklungen im Feld autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien.

    Unternehmen aus der Kfz-Teile-Industrie bauen ebenfalls auf autonomes Fahren und Connected-Car-Technologien. Diese Anwendungen werden unabhängig vom Antrieb des Autos die Zukunft bilden und im nordamerikanischen Markt gebraucht. Don Walker, ehemaliger CEO des kanadischen Automobilzulieferers Magna International, sieht das Wachstum der nächsten Jahre klar in den SAE-Autonomiestufen 2 und 3. Da sei das Geld zu verdienen. Der Aufpreis sei nicht hoch und die Konsumenten wollten die Technik.

    Magna konzentriert sich in dem Bereich unter anderem auf Kameratechnik und die dazugehörige Steuerungssoftware sowie auf optische Abstands- und Geschwindigkeitsmessung ("Lidar" oder "Ladar"). Allerdings sei die ausgereifte Abstandstechnik erst in den Level 4 und 5 wichtig, glaubt Magna. Und diese Fahrzeugautonomie dürfte selbst in zehn Jahren von nur 30 Prozent der Autos auf den Straßen genutzt werden. Im Feld autonomes Fahren ist in Kanada auch eine wachsende Start-up-Szene zu beobachten und Unternehmen wie LeddarTech, Algolux oder GeoDigital zogen bereits Investitionskapital an. 

    Einfuhr ausgewählter Kfz-Teile nach Kanada (in Millionen US-Dollar, Veränderung in Prozent)

    2020

    Veränderung 2020/19

    aus Deutschland 2020

    SITC 778.3 Kfz-Elektrik

    1.570,5

    -26,1

    18,1

    SITC 784 Karosserien, Stoßstangen etc.

    14.474,6

    -27,6

    365,2

    SITC 773.13 Zündkabelsätze

    1,158,7

    -27,2

    3,9

    SITC 713.2 Motoren

    3,859,5

    -19,6

    6,4

    Summe

    21.063,3

    -26,1

    393,5

    Quelle: UN-Comtrade Database, 2022

    Investitionen amerikanischer OEM in Kanada angekündigt 

    Die kanadische Gewerkschaft Unifor, welche über 23.000 Arbeitnehmer in der Kfz-Fertigung und 16.000 aus der Kfz-Teile-Industrie vertritt, hat 2020 mit Ford, GM und Fiat Chrysler (heute Stellantis) Zusagen über Investitionen in die kanadische Automobilindustrie von etwa 4,5 Milliarden US$ ausgehandelt. GM kündigte an etwa, 1 Milliarde US$ in sein Werk CAMI in Ingersoll zu investieren und dieses für die Produktion von elektrisch angetriebenen gewerblichen Kleinbussen umzurüsten.

    FCA (heute Stellantis) sagte Ende 2020 Investitionen von 1,1 Milliarden US$ für den Aufbau einer E-Auto-Fertigung in seinem Werk in Windsor, Ontario zu. Neben 2.000 neuen Jobs soll das Werk so umgerüstet werden, dass die Produktion von Hybridelektrofahrzeugen und Elektroautos mit mindestens einem neuen Modell 2025 realisiert wird.

    Auch das Stellantis-Werk in Brampton, Ontario würde nach dem Plan etwa 40 Millionen US$ an Investitionen erhalten. Dies soll die Produktion von zusätzlichen Modellen in Brampton neben den dort aktuell gefertigten Chrysler 300, Dodge Charger und Challenger ermöglichen, die auf älteren Plattformen laufen.

    Ford kündigte ebenso Investitionen von 1,4 Milliarden US$ in den Umbau seiner Fabrik in Oakville an und will diese für die Herstellung von Elektrofahrzeugen ab 2024 umrüsten. Fast ein Drittel der Summe sind staatliche Förderungen von Bund und der Provinz Ontario, um dem US-Autobauer die Produktion weiterer Elektrofahrzeuge in Kanada zu versüßen. 

    Toyota wird nach begonnenen Modernisierungen seines Werks in Cambridge ab 2022 dort die Lexus NX und Lexus NX Hybrid Modelle für den nordamerikanischen Markt fertigen. Dies wird die erste Produktion der NX-Reihe außerhalb Japans werden.


    Wichtige Investitionsprojekte in der Kfz-Industrie in Kanada (Auswahl; Investitionssumme in Milliarden US-Dollar*)

    Vorhaben

    Investitionssumme

    Projektstand

    Anmerkungen

    APMA/"Project Arrow"

    k.A. 

    Phase 3: technische Fertigung

    Bau eines emissionsfreien kanadischen Konzeptautos vom Verband der kanadischen Automobilzulieferer (APMA) koordiniert

    Ford/Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Oakville, Ontario

    1,4

    Angekündigt/ Fertigstellung 2025

    Umrüstung des Werks auf Batterie-Elektrofahrzeugproduktion. 227 Mio. US$ vom kanadischen Staat und 227 Mio. US$ von der Provinz Ontario. 

    Stellantis (FCA)/ Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Oakville und Windsor, Ontario

    1,2

    Angekündigt/ Fertigstellung 2025

    Umrüstung des Werks auf Batterie-Elektrofahrzeugproduktion.

    General Motors/ Erneuerung und Umrüstung der Anlage in Ingersoll, Ontario

    0,8

    Angekündigt / Bauphase

    Investition in Anlage zur Herstellung von elektrischen Nutzfahrzeugen (BrightDrop). 

    *) Jahresdurchschnittskurs 2021: 1 US$ = 1,254 CADQuelle: Recherchen von Germany Trade & Invest; Pressemeldungen

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Rahmenbedingungen

    Der Wandel der Kfz-Industrie hin zu Elektromobilität und autonomem Fahren spielt der Provinz Ontario in die Hände.

    Ontario bietet mit großem Automobil-Cluster gute Rahmenbedingungen 

    Kanada gehört zu den größten Kfz-Herstellern der Welt und Ontario ist Teil des Great-Lakes-Auto-Clusters, des größten Verbunds an Automobilfertigung in Nordamerika. Neben den fünf großen Automobilunternehmen gehören über 700 Kfz-Teile-Hersteller zu Kanadas Autosektor, darunter internationale Größen wie Magna, Linamar und Martinrea. Die Branche beschäftigt trotz starker Einschnitte während der Pandemie circa 117.000 Menschen direkt, hauptsächlich in der Teileproduktion (70.000) und in der Automobilfertigung (38.000). Dazu kommen etwa 370.000 Beschäftigte aus dem Aftermarket-Sektor und den Händlernetzwerken. Die Kfz-Industrie hat eine lange Tradition in Kanada und ist mit etwa 10 Prozent eine der tragenden Säulen der Wertschöpfung im verarbeitenden Gewerbe.

    Zugute kommen dem Automobilstandort Ontario dazu die ebenfalls ansässigen 500 Werkzeugmacher sowie das zweitgrößte Informations- und Kommunikationstechnologien-Cluster in Nordamerika mit über 20.000 IKT-Firmen. Dazu gibt es zahlreiche Universitäten, Innovations- und Testzentren für autonomes und vernetztes Fahren. Dieser Rahmen wird für viele Unternehmen aus dem Kfz-Sektor vor allem immer attraktiver, je mehr Technologieunternehmen mit der klassischen Kfz-Branche verschmelzen.

    Informationen über technische Normen bietet die Canadian Automobile Dealers Association (CADA) auf ihrer Website an. Für Zollfragen und Einzelheiten zu Einfuhrverfahren ist die Canada Border Services Agency zuständig.

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.

    Von Daniel Lenkeit | Toronto

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest / Kanada

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Kanada

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Innovation, Science and Economic Development Canada (ISEDC)

    Industrieministerium

    Statistics Canada

    Statistikbehörde

    Canada Border Services Agency

    Zollagentur

    Automotive Industry Association of Canada

    Industrieverband

    Global Automakers of Canada

    Verband internationaler Automobilhersteller in Kanada

    Canadian Vehicle Manufacturers' Association (CVMA)

    Automobilherstellerverband

    Canadian Automobile Dealers Association (CADA)

    Verband des Automobilhandels

    Automotive Parts Manufacturers' Association (APMA)

    Verband der Kfz-Teileindustrie

    Next Generation Manufacturing Canada

    Industrie 4.0 Produktionscluster in Ontario

    Electric Mobility Canada 

    Nationale NGO 

    jährliche Konferenz

    Movin'On Summit 

    Termine für 2022 noch nicht angekündigt

    Konferenz 

    Zero Emission Bus Technologies & Transit Operations Conference

    30. bis 31.3.22

    Online

    Konferenz 

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