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Branche kompakt | Russland | Windenergie

Russlands Windenergiebranche im Aufwind

Die Regierung verlängert das Förderprogramm für erneuerbare Energien bis 2035. Russische und europäische Konzerne dominieren den Markt. Projekte bieten deutschen Anbietern Chancen.

Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Marktüberblick

    Russland verfügt über noch viel Potenzial bei Windenergie. Zur Reduzierung des CO2-Ausstoßes und zur Produktion von grünem Wasserstoff soll Windkraft eine wichtige Rolle spielen.

    Markttreiber und -hemmnisse

    Treiber

    Hemmnisse

    Großes natürliches Potenzial

    Geringer Inlandsmarkt, keine Skaleneffekte

    Staatliches Förderprogramm für erneuerbare Energien

    Steigende Anforderungen an Lokalisierung der Produktion

    Trend zu mehr Klimaschutz

    Starke Konsolidierung der Branche

    Quelle: Analyse von Germany Trade & Invest

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Politische Ziele

    Die Regierung setzt bis 2035 vor allem auf fossile Energieträger. Der Anteil erneuerbarer Energien steigt nur langsam. Der Trend zum Klimaschutz steigert den Bedarf an Windenergie.

    Konventionelle Erzeugung dominiert Russlands Energiemix

    Grüne Energie spielt in der Energiestrategie bis 2035 nur eine untergeordnete Rolle. Der Anteil der Erneuerbaren soll von derzeit rund 1 Prozent auf bis zu 10 Prozent steigen, kündigte Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak an. Dazu sollen rund 11,5 Milliarden Euro in den Ausbau von Windkraft- und Solaranlagen fließen.

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    Regierung nimmt grünen Energien Wind aus den Segeln

    Die Regierung streicht im verlängerten Förderprogramm DPM VIE-2 bis 2035 die Fördermittel um ein Achtel auf rund 4,1 Milliarden Euro zusammen. Auf die Windenergie entfallen mit 2 Milliarden Euro rund die Hälfte der Fördermittel. Grundlegende Kompetenzen zur Fertigung von Windkraftanlagen und deren Bauteilen seien bereits lokalisiert, entsprechend könnten die Mittel gekürzt werden, argumentiert das Energieministerium. Zudem erhofft sich die Regierung von der Senkung der Fördersumme eine Dämpfung des Anstiegs der Strompreise für die Endkunden im Rahmen der Inflationsrate – so lautet die Vorgabe von Staatspräsident Wladimir Putin aus 2020. Insgesamt setzte sich die starke Lobby der konventionellen Energieerzeuger durch und hält sich die Konkurrenz erneuerbarer Energien weiter vom Leib.

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    Klimaschutz verleiht Windenergie neuen Schwung

    Der Kurs zur Produktion von klimafreundlichem grünem Wasserstoff verleiht der Nachfrage nach Windenergie neuen Schwung. Der Gaskonzern Novatek will mit Windmühlen grünen Wasserstoff für den europäischen Markt produzieren. Zudem wollen Produzenten mit einem hohen CO2-Fußabdruck wie Metallurgie- oder Chemiekonzerne mit grünem Wasserstoff beim Export ihrer Produkte in die Europäische Union (EU) die Zahlung des CO2-Grenzausgleichs vermeiden.

    Mit der EN+ Group stellt seit Dezember 2020 erstmals ein russischer Energieversorger grüne Zertifikate nach internationalen Standards (I-REC) aus. Weitere Unternehmen mit eigenen Windkraftanlagen haben sich dem Register bereits angeschlossen.

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Marktorganisation

    Windstrom genießt gegenüber konventionellen Energien einen Einspeisevorrang. Der Marktregulator Sowjet Rynka vergibt neue Windkraftprojekte an den günstigsten Anbieter.

    Der Strommarktregulator „NP Sowjet Rynka“ steuert die Einspeisung erneuerbarer Energien in das russische Stromnetz. Derzeit fließt Strom aus Windkraft vor allem in den Großhandelsmarkt. Das „Zentrale Einheitliche Energiesystem“ deckt derzeit nur rund ein Drittel des russischen Territoriums ab. Russlands größter Stromnetzbetreiber, Rosseti, kündigte an, die Leistungskapazität seiner Netze bis 2024 um fast das 20-fache auf 3,8 Gigawatt ausbauen zu wollen - ein für den kurzen Zeitraum sehr ehrgeiziges Ziel.

    Windenergie billiger als Kohleverstromung

    Die Erzeugung von Strom aus Windkraft ist mittlerweile günstiger als die Verfeuerung von Kohle und wird mittelfristig auch billiger sein als Strom aus Erdgas. Bereits ab 2030 könnte die Netzparität mit konventionellen Energien erreicht werden, schätzt der Sonderbeauftragte für die Beziehungen zu internationalen Organisationen und langjähriger Rosnano-Chef, Anatoli Tschubajs. Danach soll mit der langjährigen Praxis der Querfinanzierung erneuerbarer Energien sowie der Basisrendite von 12 Prozent für Investoren zu Lasten der Endkunden, die erhöhte Gebühren für grüne Kapazitäten entrichten müssen, Schluss sein. Bis 2040 fließen noch 21 Milliarden Euro an Subventionen im Rahmen der Verträge zur Bereitstellung von Kapazitäten (DPM VIE).

    Die Strompreise kletterten im Jahr 2020 mit 2.540 Rubel (30,70 Euro, Jahresdurchschnittskurs der EZB: 1 Euro=82.72 Rubel) pro Megawattstunde auf einen Höchstwert in den letzten fünf Jahren. Im Jahr 2021 befeuert der wirtschaftliche Aufschwung nach dem coronabedingten Einbruch im Vorjahr den weiteren Anstieg der Strompreise. Um die Preisrallye abzufedern, erteilt der Strommarktregulator bei Ausschreibungen zum Bau neuer Windkraftanlagen demjenigen Anbieter mit den geringsten Kosten pro Megawattstunde den Zuschlag.

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Marktchancen

    Der Anteil der Windenergie an der Stromerzeugung steigt kontinuierlich. Die Ausschreibungen des neuen Förderzyklus bis 2035 bieten deutschen Technologieanbietern gute Chancen.

    Russland nimmt im Jahr 2021 rund 941 Megawatt an Windenergiekapazitäten in Betrieb. Rund zwei Drittel steuert alleine das Joint Venture der staatlichen Holding Rusnano und des finnischen Energiekonzerns Fortum bei. Etwa 200 Megawatt errichtet Enel Russia (Tochterunternehmen des italienischen Energiekonzerns Enel) und weitere 60 Megawatt kommen von WetroOGK (gehört zu NowaWind der Staatsholding Rosatom). Bis 2024 wird die Kapazität von Windkraftanlagen auf über 3,4 Gigawatt steigen, erwartet die Assoziation zur Entwicklung der erneuerbaren Energien (ARWE). Das Potenzial der Windenergie ist noch viel größer und liegt bei rund 17.000 Terawattstunden, schätzt das Energiezentrum der Business-Schule Skolkowo.

    Im Jahr 2020 gingen im größten Flächenland der Erde trotz der Einschränkungen im Zuge der Coronapandemie Windkraftanlagen mit einer Kapazität von rund 700 Megawatt ans Netz. Zu Beginn des Jahres 2021 waren somit über 1 Gigawatt Leistung installiert. Doch trotz dieses großen Zuwachses liegt die Kapazität der installierten grünen Energieanlagen (Wind- und Solarkraft, kleine Wasserkraftwerke) an der gesamten Kraftwerksleistung nur bei rund 0,42 Prozent. Der Marktanteil von Windkraft- und Solarenergie an der Stromerzeugung beträgt sogar nur 0,13 Prozent.

    On- und Offshore-Windparks in Planung

    Das Gebiet Rostow plant, bis 2024 Windparks mit einer Gesamtleistung von insgesamt 1 Gigawatt zu errichten. Damit baut die Region am Don ihren Vorsprung bei Windenergie weiter aus. Die Investitionen in neue Windmühlen in der südrussischen Region belaufen sich auf über 800 Millionen Euro. Bis 2022 wollen die regionalen Behörden rund ein Fünftel des lokalen Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken.

    Bis dato werden Windparks in Russland ausschließlich in windreichen Regionen am Festland im Hohen Norden, an der Wolga und um die Schwarzmeerregion sowie zur Stromversorgung - als Dieselersatz - in entlegenen Gebieten errichtet. Dabei hat das größte Flächenland mit seinen anliegenden Seegebieten ein riesiges ungeschöpftes Potenzial zum Bau von Offshore-Windparks. Der Branchenverband RAWI will dies ändern und diskutiert mit dem türkischen Verband für Offshore-Windenergie und dem Konzern GE Renewable Energy die Errichtung von Windkraftanlagen im Schwarzen Meer.

    Investoren erhalten Stromabnahmegarantie

    Die Erzeugung von grüner Energie ist gegenüber der Kohleverstromung auf dem freien Markt bereits wettbewerbsfähig, gegenüber Gas- und Atomkraft jedoch noch nicht. Daher garantiert die Regierung die Rentabilität von Windenergieprojekten auf dem Großhandelsstrommarkt durch Verträge zur Kapazitätsbereitstellung (russische Abkürzung: DPM WIE). Produzenten von Ökostrom erhalten dabei eine Stromabnahmegarantie für 15 Jahre und eine garantierte Rendite von jährlich 12 Prozent auf ihre Investition. Dafür muss das Projekt fristgerecht in Betrieb gehen, andernfalls drohen Strafzahlungen.

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    Preis wird ausschlaggebendes Kriterium bei neuer Ausschreibungsrunde

    Projekte bei erneuerbaren Energien werden in einem Wettbewerbsverfahren vergeben. Die Ausschreibungen neuer Windparks im Rahmen des verlängerten Förderprogramms (DPM WIE 2) laufen seit September 2021. Bis 2035 sollen insgesamt 6,7 Gigawatt Kapazitäten errichtet werden. Den Zuschlag erhält der Bieter mit der geringsten Investitionssumme je Megawattstunde Leistung (Preis des erzeugten grünen Stroms inklusive der Kosten für den Bau eines Kraftwerks und dessen Wartung). Damit will die Regierung sowohl die Belastung der Verbraucher begrenzen, als auch das Bauvolumen erhöhen.

    Für die durchführenden Unternehmen bedeutet die Kürzung der Fördermittel im DPM WIE-2-Programm im Vergleich zu den Ausschreibungen im Rahmen des ersten Förderprogramms bis 2024, dass sich der Wettbewerb verschärfen und die Rentabilität der Projekte sinken dürfte. Aufgrund der geringeren Subventionen und steigenden Lokalisierungs- und Exportauflagen könnte das Neubauvolumen auf nur rund 5 Gigawatt sinken, befürchten Analysten von Vygon Consulting.

    Fortum ersteigert größten Anteil an neuer Ausschreibungsrunde

    Bei der ersten Ausschreibung von Windkraftprojekten für den Zeitraum 2025 bis 2027 vergab der Strommarktregulator Sowjet Rynka Mitte September 2021 den Löwenanteil von 1,4 Gigawatt an den finnischen Stromkonzern Fortum. Die Muttergesellschaft des deutschen Energieerzeugers Uniper unterbot mit einem Strompreis von 2000 Rubel (rund 23,4 Euro) pro Megawattstunde den aktuellen Großhandelspreis für Strom (auch aus konventioneller Erzeugung) in Russland. Weitere 460 Megawatt erhielt der Staatskonzern Rosatom. Damit sank der Preis zur Erzeugung von Strom aus Windkraft in den letzten sechs Jahren um 87 Prozent und ist aktuell einer der niedrigsten weltweit, melden Analysten der staatlichen VTB-Bank.

    Deutsche Firmen nutzen Chancen bei Windenergieprojekten

    Obwohl der Anteil der Erneuerbaren am Energiemix nur im einstelligen Prozentbereich liegt, bieten sich Perspektiven für deutsche Firmen bei der Projektierung, dem Bau und der Lieferung von Komponenten für Windkraftanlagen. Gefragt ist deutsche Expertise zudem bei Wartung und Service, vorbeugender Instandhaltung (Predictive Maintenance) oder der Digitalisierung von Serviceprozessen.

    Der deutsche Projektentwickler Sowitec will im Gebiet Rostow einen Windpark mit einer Kapazität von bis zu 1.000 Megawatt errichten und unterzeichnete auf dem Sankt Petersburger Wirtschaftsforum (SPIEF) eine Vereinbarung mit der Gebietsregierung. Der deutsche Dienstleister für Windenergieanlagen, BS Green GmbH, erwägt den Bau eines Windparks im Gebiet Orenburg mit einer Kapazität von bis zu 300 Megawatt. Siemens Gamesa kündigte hingegen seinen Rückzug aus dem Russlandgeschäft an. Viele Projekte seien sehr riskant, weil der Bau von Windparks nur in wenigen frostfreien Wochen im Jahr möglich sei, erklärte Unternehmenschef Andreas Nauen in einem Interview mit der WirtschaftsWoche Ende August 2021.

    Aktuelle Windprojekte in Russland

    Projektbezeichnung / Standort

    Leistung in MW)

    Unternehmen

    Status

    Investitionsvolumen (in Mio. Euro)

    Bau eines Windparks / Gebiet Rostow

    800 – 1.000

    Sowitec

    Vereinbarung mit der Gebietsregierung unterzeichnet;

    116,3

    Bau eines Windparks / Gebiet Rostow

    600

    UK Wetroenergetika (gehört zu Rosnano und Fortum)

    Geplante Inbetriebnahme: 2023

    959

    Bau von fünf Windparks / Gebiet Astrachan

    340

    Fonds zur Entwicklung der Windenergie (gehört zu Rosnano und Fortum)

    Im Bau; geplante Inbetriebnahme: Ende 2021

    k.A.

    Bau eines Windparks / Gebiet Samara

    236,6

    Fonds zur Entwicklung der Windenergie (gehört zu Rosnano und Fortum)

    Kooperationsvereinbarung mit der Gebietsregierung unterzeichnet; geplante Fertigstellung: 2023

    290,7

    Bau eines Windparks / Gebiet Saratow

    210

    UK Wetroenergetika (gehört zu Rosnano und Fortum)

    Geplante Inbetriebnahme: 2023

    290

    Bau eines Windparks / Gebiet Orenburg

    200-300

    BS Green GmbH

    Verhandlungen mit der Gebietsverwaltung

    k.A.

    Bau des Windparks „Kolskaja“ / Gebiet Murmansk

    201

    Enel Russia; Technologiepartner: Siemens Gamesa

    Im Bau; geplante Inbetriebnahme: 2022

    266

    Bau von 7 Windparks / Region Krasnodar

    192,5

    Nowawind (gehört zu Rosatom)

    Absichtserklärung unterzeichnet; geplante Inbetriebnahme: 2024

    274

    Bau eines Windparks / Sabetta, Autonomer Bezirk der Jamal-Nenzen

    190-200

    Novatek

    Machbarkeitsstudie; Auswahl des Technologiepartners: Anfang 2022

    162,8

    Bau des Windparks „Bondarewskaja“ / Region Stawropol

    120

    Nowawind

    Im Bau; geplante Fertigstellung: 2022

    185

    Bau eines Windparks / Gebiet Rostow

    100-140

    Enel Russia

    Vereinbarung Anfang Juli 2021 unterzeichnet

    116,3

    Bau des Windparks „Rodnikowskij“ / Gebiet Rostow

    71

    Enel Russia

    Im Bau; geplante Inbetriebnahme: 2024

    90

    Bau eines Windparks / Swiriza, Gebiet Leningrad

    68

    Wetropark

    Projektierungsphase

    k.A.

    Bau eines Windparks / Gebiet Sachalin

    67,2

    Wostotschnaja gornorudnaja kompanija

    Geplante Inbetriebnahme: 2023

    98

    Bau des Windparks „Medwezhenskaja“ / Region Stawropol

    60

    WetroOGK-2 (gehört zu Nowawind bzw. Rosatom)

    Im Bau; geplante Inbetriebnahme: 2024

    93

    Bau des Windparks „Berestowskaja“ / Region Stawropol

    60

    WetroOGK (gehört zu Nowawind bzw. Rosatom)

    Im Bau; geplante Inbetriebnahme: 2024

    93

    Quelle: Recherchen von Germany Trade & Invest

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Russland

  • Markthemmnisse

    Windenergie ist in Russland ohne Subventionen noch nicht konkurrenzfähig. Das zu geringe Marktvolumen sowie unausgereifte Technologien bremsen die raschere Entwicklung der Branche.

    Die Erzeugung von Windenergie hängt von externen Faktoren wie Wind und Wetter ab, die sich über einen Zeitraum von 15 Jahren  - so lange laufen die Verträge zur Kapazitätsbereitstellung (DPM WIE) - nur schwierig vorhersehen lassen. Das derzeit größte Hindernis für den Ausbau der Windenergie in Russland ist jedoch die zu geringe Nachfrage auf dem Inlandsmarkt, welche die Nutzung von Skaleneffekten verhindert.

    Geringe Konkurrenz bremst Innovationskraft der Branche

    Russlands Windkraftbranche ist geprägt von einer Oligopol-Struktur aus wenigen Großkonzernen. Die Konkurrenzsituation sowie der Innovationsdruck sind niedrig. Entsprechend ist der Preis für Strom aus Windkraft im Hinblick auf den Lebenszyklus in Russland bis zu sieben Mal höher als im weltweiten Durchschnitt, meldet die Internationale Agentur für Erneuerbare Energien (IRENA). Ohne das staatliche Förderprogramm ist Windenergie auf dem freien Strommarkt noch nicht dauerhaft konkurrenzfähig. Erst ab 2030 rechnen Experten damit, dass Windkraft die Preisparität zur konventionellen Stromerzeugung erreicht.

    Zur Entwicklung der dezentralen Stromerzeugung durch erneuerbare Energien sind effiziente Lösungen zur Speicherung des grünen Stroms unerlässlich. Doch hat Russland in diesem Bereich großen Nachholbedarf. Zwar gibt es mit Liotech und Tschetschenneftechimprom zwei lokale Hersteller von Batteriezellen mit einer Speicherkapazität von bis zu 150 Megawatt pro Jahr. Jedoch reichen diese Kapazitäten bei weitem nicht aus. Zudem muss ein Großteil der Bauteile für die Batteriezellen importiert werden.

    Im Zuge der Coronapandemie hatte Russland im Jahr 2020 Strafen für die verspätete Inbetriebnahme von Windkraftanlagen ausgesetzt. Mittlerweile sind die Behörden weniger nachsichtig. So muss Enel Russia für die nicht rechtzeitige Fertigstellung von zwei Windparks in den Gebieten Rostow und Murmansk mit Strafzahlungen rechnen.

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Branchenstruktur

    Wenige, meist staatliche Anbieter dominieren die Windenergiebranche. Steigende Anforderungen an Lokalisierung und Exporte verstärken den Trend zur Monopolisierung und Abschottung.

    Russland verfügt über alle notwendigen Kapazitäten, um Windkraftanlagen selbst lokal zu fertigen. Doch mit der Entwicklung eigener Technologien hat das größte Flächenland der Erde noch nicht begonnen.

    Eine Handvoll Anbieter beherrscht den Markt

    Den russischen Markt für Windenergie dominieren NowaWind (gehört zur staatlichen Atomholding Rosatom), Enel Russia, die Tochtergesellschaft des italienischen Energiekonzerns Enel und der Fonds zur Entwicklung der Windenergie (gehört zur staatlichen Holding Rosnano und zum finnischen Energiekonzern Fortum). Im Januar 2021 gründete Fortum (Mehrheitseigner von Uniper) ein weiteres Joint Venture mit dem Russischen Direktinvestitionsfonds (RFPI) für Investitionen in Windenergieprojekte.

    Den Markt für die Ausrüstung von Windkraftanlagen teilen sich vier größere Anbieter mit lokaler Fertigung: Der dänische Konzern Vestas produziert im Gebiet Uljanowsk Rotorblätter und Türme. Zudem fertigt Liebherr in Dserschinsk im Gebiet Nischni Nowgorod für Vestas Gondeln. Red Wind, ein Joint Venture von Rosatom und dem niederländischen Unternehmen Lagerwey Systems (gehört zur deutschen Enercon GmbH) produziert Generatoren, Gondeln und Türme. Siemens Gamesa Renewable Energy stellt Getriebegeneratoren, Gondeln und Türme im Gebiet Leningrad her. Baschni WRS (Joint-Venture von Windar Renovables, Severstal und Rosnano) fertigt Türme für Windkraftanlagen im Gebiet Rostow.

    Anforderungen an Lokalisierung und Exporte steigen

    Aktuell müssen Produzenten von Windenergie im Rahmen des ersten Förderprogramms bis 2024 einen Lokalisierungsgrad von 65 Prozent erreichen. Mit dem verlängerten Programm bis 2035 steigen die Lokalisierungsanforderungen, die künftig über ein Punktesystem bestimmt werden. Um den Status „Made in Russia“ zu erhalten, müssen bis 2030 schon 87 und bis 2035 bereits 102 Punkte erzielt werden. Daneben steigen die Exportzielvorgaben für Komponenten von Windkraftanlagen. Bis 2030 liegt die Exportquote bei 5 Prozent und steigt bis 2035 schrittweise auf 15 Prozent.

    Bei Nichterfüllung der Lokalisierungs- oder Exportvorgaben drohen hohe Strafen, die bis 2035 stufenweise auf bis zu 85 Prozent der Projektvergütung bei zu geringer Lokalisierung, und auf bis zu 33 Prozent bei Nichterfüllung der Exportziele steigen.

    Wettbewerbsfähigkeit sinkt im internationalen Vergleich

    Die höheren Lokalisierungs- und Exportvorgaben sind jedoch nur ab einer bestimmten Marktgröße umsetzbar. Doch bei den staatlich geplanten Volumina rechnen sich weitere Investitionen in neue Produktionen nicht. Zudem macht die Absenkung der Fördersumme im verlängerten Förderprogramm bis 2035 Investitionen in die lokale Produktion von Anlagen unrentabel. Erschwerend hinzu kommt, dass sich bei vielen Anbietern bereits getätigte Investitionen im Rahmen des ersten Förderprogramms noch nicht amortisiert haben. In der Folge könnten Anbieter, welche die hohen Anforderungen nicht erfüllen können, den Markt verlassen, befürchtet Igor Bryzgunow, Vorsitzender des Verbands zur Entwicklung erneuerbarer Energien (ARWE). Die technologische Rückständigkeit dürfte steigen und die Konsolidierung der Branche weiter zunehmen.

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft, auch Hinweise zu Ausschreibungen

    Exportinitiative Energie

    Informationen zu Veranstaltungen, Markt- und Länderinformationen

    Factsheets der Exportinitiative Energie

    Factsheets mit allgemeinen Energieinformationen zum Land (teilweise mit Technologie- oder Anwendungsfokus)

    AHK Russland

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Ministerium für Industrie und Handel (Minpromtorg)

    Zuständig für Industriepolitik und Einfuhrgenehmigungen

    Ministerium für Energie (Minenergo)

    Zuständig für Energie- und Rohstoffsektor der Wirtschaft

    Assoziation NP Sowjet Rynka

    Regulator des Energiemarktes

    Russische Assoziation der Windindustrie (RAWI)

    Vereinigung der Developer von Windparks, Herstellern der Windgeneratoren, Baufirmen und Forschungsinstituten. Insgesamt 149 Mitgliederfirmen, darunter auch deutsche

    Assoziation der Entwicklung von erneuerbaren Energien (ARWE)

    Im Dezember 2018 gegründete Assoziation, deren Mitglieder Rosnano, Vestas, Hevel, Solar Systems und EuroSibEnergo sind

    Renwex 2022

    Fachmesse für erneuerbare Energie und E-Transport

    Russian Energy Summit/Energieversorgung und Energieeffizienz

    Veranstaltung für Fachleute und Management des Energiekomplexes unter Patronage der russischen Energie- und Industrieministerien

    Ruscable.ru

    Internetportal zu Energiewirtschaft, Elektrotechnik und Telekom

    Von Hans-Jürgen Wittmann | Moskau

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