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Branche kompakt | Schweiz | Maschinenbau

Die Maschinenbaubranche hat die Talsohle verlassen

Die Schweizer Industrie für Maschinenbau, Elektro und Metall ist auf Erholungskurs. Nach massiven Einbrüchen 2020 legen Auftragseingänge und Exporte kräftig zu.

Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

  • Markttrends

    Die Konjunktur in der Maschinenbaubranche hellt sich zunehmend auf. Ausrüstungsinvestitionen legen deutlich zu. Lieferengpässe schaffen Probleme.

    Die schweizerische Maschinenbaubranche erlitt 2020 den stärksten Einbruch seit der Finanzkrise im Jahr 2009. Infolge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Coronapandemie, verbunden mit Werksschließungen in den Abnehmerindustrien und unterbrochenen Lieferketten, hatten viele der überwiegend kleinen und mittelständischen Branchenunternehmen im vergangenen Jahr eine Vollbremsung hinlegen müssen. 

    Im Jahr 2020 brachen die Auftragseingänge in der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) um 6,5 Prozent ein. Die Umsätze gingen um rund 10 Prozent zurück und die Exporte verzeichneten ein Minus von rund 11 Prozent. 

    Mit der Lockerung der Corona-Beschränkungen im Frühjahr 2021 hat in der schweizerischen Wirtschaft eine kräftige Erholung eingesetzt. Das Konjunkturforschungsinstitut (KOF) der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich (ETH) konstatierte in seiner jüngsten Konjunkturprognose vom Juli 2021, dass der wirtschaftliche Aufschwung bereits begonnen habe und zwar "früher und stärker als erwartet". Die Konjunkturforscher erwarten einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) im laufenden Jahr von real 4 Prozent sowie von 2,8 Prozent im Jahr 2022. Ähnlich lauten die Einschätzungen der Kollegen des Basler Instituts BAK economics. Sie gehen von einem kräftigen Wachstum für das Gesamtjahr 2021 von 3,7 Prozent aus.

    Maschinenbau mit guten Geschäftsaussichten

    Seit dem Jahreswechsel senden auch die kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) der Maschinenbaubranche wieder positive Signale. Bereits zum Jahresbeginn 2021 deuteten die Geschäftszahlen auf Entspannung hin. Eine Befragung des führenden Arbeitgeberverbandes der KMU in der MEM-Industrie Swissmechanic unter rund 200 Firmen im Mai 2021 ergab, dass die Unternehmen ihre Geschäftsaussichten überwiegend günstig einschätzen. Dies sei laut Swissmechanic das beste Ergebnis seit Juli 2019.

    Die anziehende Konjunktur in den Abnehmermärkten im 1. Halbjahr 2021 beflügelt die Investitionslaune der Schweizer Maschinenbauer ebenso wie das gewachsene Konsumentenvertrauen. Die Konjunkturforscher der KOF erwarten bei den Ausrüstungsinvestitionen 2021 ein reales Plus von 4,8 Prozent und gehen 2022 von Plus 4,5 Prozent aus.

    Üppige Konjunkturpakete der Regierungen schaffen Impulse für die Wirtschaft in vielen Abnehmerländern. Trotz Pandemie stehen die Zeichen auf Wachstum. Neben den EU-Ländern ist dies vor allem in den USA und Asien zu beobachten, was sich auch in den Auftragsbüchern der eidgenössischen Maschinen- und Anlagenbauer niederschlägt. Wehrmutstropfen sind die steigenden Rohstoffpreise und Transportkosten sowie Probleme bei der Materialbeschaffung.

    Gegenüber der Presse beschreibt Jacques Sanche, CEO von Bucher, dem schweizerischen Hersteller von Maschinen, Anlagen und hydraulischen Komponenten sowie Landtechnik die Situation: „In vielen Märkten herrscht geradezu eine euphorische Stimmung. Kunden bestellen wie wild, was sich in markant steigenden Auftrags- und Umsatzzahlen niederschlägt“. Der Auftragseingang des Unternehmens erhöhte sich nach eigenen Angaben im 1. Halbjahr 2021 um die Hälfte auf 1,6 Milliarden Euro. Vor allem der Bereich Landtechnik befinde sich im Aufschwung.

    Auch Stefan Brupbacher, der Direktor des Branchenverbands Swissmem konstatiert eine enorme Nachfrage nach Maschinen und Ausrüstungen aus dem Ausland, ebenso wie nach Erzeugnissen der Chemie, Elektronik und Medizintechnik. Aufgrund der Lieferengpässe würde die Produktion laut Brupbacher kaum noch Schritt halten.

    Auftragslage verbessert sich deutlich

    Die Auftragseingänge der MEM-Unternehmen legten insgesamt deutlich zu. Im 1. Quartal 2021 betrug das Wachstum 4,8 Prozent gegenüber der Vorjahresperiode. Die Ausfuhren verzeichneten im gleichen Zeitraum ein Plus von 3,3 Prozent. Für das 2. Quartal erwarten die schweizerischen KMU eine weitere, starke Auftrags- und Umsatzsteigerung gegenüber dem Vorjahresquartal. Aufholeffekte dürften dabei eine wichtige Rolle spielen.

    Laut einer Unternehmensumfrage des Branchenverbandes Swissmem gehen 57 Prozent der Befragten davon aus, in den nächsten zwölf Monaten mehr Aufträge aus dem Ausland zu erhalten. Die Hersteller von Investitionsgütern in der Schweiz profitieren zudem von der Auszahlung von EU-Fördermitteln (Next-Generation-EU). Die EU ist der mit Abstand größte Absatzmarkt für die Schweizer MEM-Branche.

    Noch Luft nach oben bei Digitalisierung

    Seit Oktober 2019 befasst sich in der Schweiz die nationale Initiative "Industrie 2025" mit der Erarbeitung einer Digitalstrategie. Dazu wurde eine Ideenplattform geschaffen, die zum Ziel hat, die digitale Transformation in der Schweiz voranzutreiben und die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes zu stärken. Viele Unternehmen haben bereits Digitalisierungsprojekte umgesetzt.

    Swissmem ist in Zusammenarbeit mit Swissmechanic sowie der nationalen Initiative "Industrie 2025" der Frage nachgegangen, wie strategisch das Digitalisierungsthema in den Unternehmen angegangen wird. Dazu wurde im 2. Halbjahr 2020 eine Umfrage durchgeführt

    Diese ergab laut Dr. Boris Ricken, Co-Autor der Umfrage, dass durch Corona die Digitalisierung für Industriefirmen weiter an Bedeutung gewonnen hat. Jedoch zeige die Umfrage der Arbeitsgruppe auch, dass es für die Schweizer Industrie noch viel Handlungsbedarf gebe. Laut Umfrage unter 113 Firmen gaben 55 Prozent an, das Thema Digitalisierung sei unter den Top-3 der strategischen Themen, allerdings hätten 58 Prozent noch keine Digitalstrategie.

    Von den Befragten gaben 40 bis 50 Prozent an, hohe bis sehr hohe Investitionen in die Automatisierung ihrer Kernprozesse zu tätigen. Bei der Frage nach Hindernissen für Digitalisierung rangierte auf Position eins, wie bereits in vorhergehenden Umfragen, die fehlenden personellen Ressourcen.



    Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

  • Branchenstruktur

    Der Maschinenbau ist durch Klein- und Kleinstunternehmen gekennzeichnet. Die Auslastung der Betriebe ist fast auf Vorkrisenniveau. Mehr als die Hälfte der Exporte gehen in die EU.

    Die Maschinenbau-, Elektro- und Metallindustrie (MEM) ist eine der wichtigsten Wirtschaftsbranchen in der Schweiz. Laut Branchenverband Swissmem ist der Sektor für rund die Hälfte der industriellen Wertschöpfung verantwortlich. Das entspricht einem Anteil von 7 Prozent am Bruttoinlandsprodukt (BIP) der Schweiz. Die MEM-Industrie steht für über 30 Prozent der gesamten schweizerischen Warenexporte.

    Etwa 99 Prozent der Unternehmen der MEM-Industrie sind kleine und mittelständische Unternehmen. Die MEM-Industrie beschäftigte Ende Dezember 2020 rund 318.300 Mitarbeiter. Die Branche zählte 2019 rund 13.000 Betriebe. Auch die Maschinenbaubranche selbst besteht neben wenigen Großkonzernen aus Kleinbetrieben, die sich größtenteils stark spezialisiert haben. Nach letzten verfügbaren Zahlen von 2017 waren laut Swissmem 2.023 Firmen dem Maschinenbau zuzuordnen, davon 1.083 Mikrounternehmen, 594 Kleinunternehmen, 290 mittlere und 56 Großunternehmen.  

    Weltweit zweithöchster Pro-Kopf-Export von Maschinen

    Fast 80 Prozent der MEM-Produkte werden exportiert. Im Jahr 2020 gingen 55,4 Prozent der Ausfuhren mit einem Volumen von rund 57 Milliarden Euro in die EU, 18,6 Prozent nach Asien (davon etwa 7 Prozent nach China) und 14,1 Prozent in die USA. International belegt die Schweiz laut Swissmem den zweiten Platz beim Pro-Kopf-Export von Maschinen, hinter Singapur und vor Dänemark. Ein Indiz für die enge Verflechtung der MEM-Industrie mit der Weltwirtschaft wird auch durch die rund 500.000 Beschäftigten deutlich, die außerhalb der Schweiz tätig sind.

    Kapazitätsauslastung der Betriebe erreicht Vorkrisenniveau

    Die gute Auftragslage wirkt sich auch auf die Kapazitätsauslastung der Maschinenbaubetriebe aus. Lag das Auslastungsniveau im 4. Quartal 2020 noch bei 77 Prozent, so waren im 1. Quartal 2021 schon 81,7 Prozent erreicht. Im Mai belief sich der Anteil bereits auf rund 86 Prozent. Im Laufe des Jahres 2021 dürfte laut Branchenverband Swissmem der Konjunktureinbruch von 2020 aufgeholt werden.


    Export von wichtigen Maschinenbausparten in der Schweiz (in Millionen Euro)

    Sparte

    2019

    Veränderung

    2019/18

    2020

    Veränderung

    2020/19

    Maschinen für die Metallbearbeitung

    3.947

    -10,1

    2.848

    -27,9

      davon spanabhebende Werkzeugmaschinen

    2.073,1

    -16,8

    1.398,5

    -32,5

    Armaturen

    1.460,7

    -5,8

    1.604,5

    +9,8

    Pumpen (außer Flüssigkeitspumpen)

    1.510,5

    +6,8

    1.581,5

    +4,7

    Hebe- und Fördertechnik

    705,1

    -4,2

    592,8

    -15,9

    Maschinen für die Textil- und Lederindustrie

    627,5

    -12,5

    485,0

    -22,7

    Druck- und Buchbindemaschinen

    438,2

    -15,1

    388,0

    -11,4

    Quelle: EZV-Eidgenössische Zollverwaltung

    Bereits vor Ausbruch der Coronapandemie 2019 war der Maschinenbau in einer schwierigen Lage. Aufgrund globaler politischer Verwerfungen wie dem Handelskonflikt zwischen den USA und China war die Konjunktur der Branche eingebrochen. Der Beginn der Pandemie verschärfte die Lage zusätzlich.

    Werkzeugmaschinen legen wieder zu

    Im 2. Quartal 2020, als sich viele Länder im Corona-Lockdown befanden, waren die Schweizer Exporte von Werkzeugmaschinen laut dem Verband der Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie Swissmem um 40 Prozent eingebrochen. Bei Förder- und Lagertechnik belief sich der Rückgang laut Verband auf 35 Prozent. Erst das 4. Quartal des vergangenen Jahres zeigte Anzeichen einer Entspannung. Aufträge und Maschinenexporte zogen erstmals wieder an.

    Insbesondere Werkzeugmaschinen verzeichneten von Oktober bis Dezember 2020 mit einem Plus von 8,8 Prozent einen deutlichen Zuwachs. Im 1. Quartal 2021 legten die Ausfuhren in diesem Maschinensegment noch einmal um knapp 10 Prozent zu. Die rasche Erholung der globalen Wirtschaft sorgt für eine starke Nachfrage mit Impulsen für die Exportwirtschaft. Letztere beflügeln die Investitionsbereitschaft der Unternehmen.

    Bedeutendste Maschinen- und Anlagenbauer in der Schweiz (Umsätze in Milliarden Euro*)

    Unternehmen

    Umsatz

    ABB

    25,9


    Liebherr International

    12,2


    Schindler Gruppe

    10,5

    Georg Fischer (GF)

    3,4

    Sulzer Konzern

    3,4


    Bühler

    3,0

    Bucher Industries

    2,9

    Ruag Holding

    2,0

    Bobst Group

    1,5

    Stäubli

    1,2

    * Wechselkurs gemäß Jahresdurchschnittswert 2020 der Bundesbank (Schweizer Franken / Euro)Quelle: Handelszeitung „Top 100“, Unternehmensangaben


    Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

  • Rahmenbedingungen

    Das Nein zum Rahmenabkommen mit der EU trifft Schweizer Unternehmen empfindlich.

    Die Eidgenössische Zollverwaltung (EZV) der Schweiz erfasst und kontrolliert Waren bei der Ein-, Aus- und Durchfuhr. Sie erhebt Zölle, Straßenverkehrsabgaben und Steuern. Aufgrund eines bilateralen Abkommens zwischen der Schweiz und der Europäischen Union ist die Einfuhr von Maschinen aus Deutschland und anderen EU-Ländern zollbefreit. Für Normen ist die Schweizerische Normen-Vereinigung (SNV) zuständig. Entsprechend der EU-Richtlinie 2006/42/EG wurde auch in der Schweiz das Recht über die Maschinensicherheit überarbeitet und an die EU-Bestimmungen angepasst.

    Gescheitertes Rahmenabkommen mit EU trifft auch Maschinenbauer

    Der Abbruch der Verhandlungen des Schweizer Bundesrates über ein Rahmenabkommen mit der EU trifft vor allem Medizintechnikfirmen, aber auch die Maschinenbaubranche. Letztere rechnet in den nächsten zwei Jahren mit technischen Handelshemmnissen.

    Das Ende der Verhandlungen bedeutet für die Branchenunternehmen, dass die gegenseitige Anerkennung von Produktstandards und Konformitätsbewertungen nicht länger gültig ist. Diese hatten bislang einen ungehinderten Zugang Schweizer Unternehmen zum europäischen Binnenmarkt garantiert. Die eidgenössischen Unternehmen müssen sich künftig in der EU Zertifizierungsstellen für ihre Produkte suchen oder gleich Niederlassungen in der EU gründen, was mit hohen Kosten verbunden ist. 

    Die GTAI stellt ausführliche Informationen zum Wirtschafts- und Steuerrecht sowie zu Einfuhrregelungen, Zöllen und nichttarifären Handelshemmnissen zur Verfügung.



    Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

  • Kontaktadressen

    Bezeichnung

    Anmerkungen

    Germany Trade & Invest / Schweiz

    Außenhandelsinformationen für die deutsche Exportwirtschaft

    AHK Schweiz

    Anlaufstelle für deutsche Unternehmen

    Eidgenössische Zollverwaltung (EZV), Oberzolldirektion

    Bundesamt für Statistik

    Produktions-und Unternehmensstatistiken

    Schweizerische Normen-Vereinigung

    Verband Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie (Swissmem)

    Vereinigung für angewandte Produktionstechnik (VPT)

    SMM Schweizer Maschinenmarkt

    Fachzeitschrift

    Smart Tech

    Industriemagazin für Produktion und Fertigung

    Technische Rundschau

    Industriemagazin 

    Fachmesse Prodex, Basel

    Messe für Werkzeugmaschinen, Werkzeuge und Fertigungsmesstechnik; nächster Termin Mai 2022

    Von Karl-Heinz Dahm | Bonn

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