Wirtschaftsausblick | Peru
Wirtschaftswachstum in Peru verlangsamt sich 2023 deutlich
Die politische Lage ist derzeit der größte Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung Perus. Der Einbruch bei den Investitionen sorgt für ein geringeres Wachstum.
20.06.2023
Von Janosch Siepen | Bogotá
Wirtschaftsentwicklung: Angespannte wirtschaftliche und politische Lage
Nach der Absetzung des ehemaligen Präsidenten Pedro Castillo und den darauffolgenden landesweiten Protesten erholt sich der Andenstaat langsam von der schwersten politischen und sozialen Krise seit Jahrzehnten. Die Massenproteste, die Ende 2022 und Anfang 2023 rund 70 Todesopfer forderten und das Wirtschaftsleben teilweise lahmlegten, sind inzwischen abgeebbt. Aufgrund des aufgeheizten politischen Klimas ist jedoch mit erneuten Unruhen zu rechnen.
Von der aktuellen Regierung und dem Parlament gehen kaum Reformimpulse aus, um das Geschäftsklima im Land zu verbessern. Die neue Präsidentin, Dina Boluarte, und das peruanische Parlament planen zwar bislang keine Neuwahlen, die die Protestierenden gefordert hatten. Sollte der Druck auf Boluarte jedoch weiter zunehmen, könnte es 2024 zu Neuwahlen kommen.
2022 | 2023 * | 2024 * | |
---|---|---|---|
BIP | 2,7 | 1,8 | 2,7 |
Leistungsbilanzsaldo (in % des BIP) | -4,0 | -2,1 | -0,7 |
Bruttoanlageinvestitionen | 0,9 | -3,0 | 0,5 |
Privater Verbrauch | 3,6 | 2,5 | 2,9 |
Die politische Situation stellt derzeit den größten Risikofaktor für die wirtschaftliche Entwicklung dar. Nach einem realen Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 2,7 Prozent im Jahr 2022 rechnet der britische Informationsdienstleister Economist Intelligence Unit (EIU) für 2023 nur noch mit einem Plus von 1,8 Prozent. Verantwortlich für die abflauende Dynamik sind in erster Linie die nachlassenden Investitionen, vor allem im Bergbau. Exporte und Privatkonsum erweisen sich dagegen als Konjunkturstützen.
Kupferproduktion soll steigen
Der Metallbergbau, der wichtigste Exportsektor des Landes, wird nach den Erwartungen der spanischen Bank BBVA seine Produktion bis Ende 2023 um rund 3 Prozent steigern. Grund für den wachsenden Output ist die große Kupfermine Quellaveco, die im September 2022 in Betrieb genommen wurde. Die Prognose ist jedoch mit Vorsicht zu genießen, da Proteste in Peru jederzeit wieder aufflammen können. Im Januar 2023 brach die Kupferproduktion im Vergleich zum Vormonat um mehr als ein Fünftel ein, weil Demonstrierende Straßen und Minen blockierten.
Extremwetter führt zu Ernteeinbußen
Die landwirtschaftliche Produktion wird im Jahr 2023 voraussichtlich niedriger ausfallen als im Vorjahr. Laut EIU soll der Ausstoß um 5,2 Prozent zum Vorjahr sinken. Extremwetterereignisse wie Dürre und Starkregen, aber auch der Mangel an Düngemitteln, führen zu Ernteeinbußen. Hinzu kommt eine schwächere Weltkonjunktur, die die Nachfrage nach peruanischen Agrarerzeugnissen dämpft.
Indikator | 2021 | 2022 | Vergleichsdaten Deutschland 2022 |
---|---|---|---|
BIP (nominal, Mrd. US$) | 223,7 | 242,3 | 4.075 |
BIP pro Kopf (US$) | 6.779 | 7.254 | 48.630 |
Bevölkerung (Mio.) | 33,0 * | 33,4 * | 84,3 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 US$ = Neue Sol) | 3,88 | 3,84 | - |
Investitionen: Keine neuen Projekte im Bergbau
Der Informationsdienstleister EIU rechnet für das Jahr 2023 mit einem Rückgang der Bruttoanlageinvestitionen um 3 Prozent und im Jahr darauf mit einem leichten Anstieg um 0,5 Prozent. Der Einbruch wird vor allem im Bergbau spürbar sein. Zwar gibt es ein großes Portfolio an geplanten Vorhaben. Aber derzeit ist kein neues Großprojekt in Sicht, das dieses oder nächstes Jahr starten soll. Die kanadische Scotiabank rechnet für das Jahr 2023 deshalb mit einer Verringerung der Investitionen in diesem Sektor um 18 Prozent gegenüber 2022.
Auch die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) werden im Jahr 2023 voraussichtlich deutlich geringer ausfallen. Im 1. Quartal 2023 brachen die Kapitalzuflüsse aus dem Ausland um über 50 Prozent zum Vorjahreszeitraum ein, so die Zahlen der peruanischen Zentralbank.
Projektbezeichnung (Kapazität) | Investitionssumme (in Mio. US$) | Projektstand | Projektträger |
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Transkontinentaler Eisenbahnkorridor CFBI (3.755 km) | 14.000 | Schienenweg von Perus Pazifikküste zur Atlantikküste Brasiliens | MTC Perú, MOPSV Bolivia, MINFRA Brasil |
Lima Metrolinie 3 (35 km) | 9.170 | Machbarkeitsphase, Bau ab 2026, Betrieb ab 2032 | |
Lima Metrolinie 2 (35 km) | 5.800 | Baufortschritt rund 50%, voller Betrieb ab 2025 | Ministerio de Transportes y Comunicaciones (MTC), Metro de Lima 2 (Cosapi, Iridium, FCC, Salini Impregilo, Ansaldo STS and Ansaldo Breda) |
Barranca-Ica Zugverbindung (476 km) | 5.000 | k.A. | |
Zugstrecke San Juan de Marcona-Andahuaylas (für Rohstofftransport, 600 km) | 4.932 | Machbarkeitsstudien bis März 2023, danach Bau, Betrieb ab 2028 | |
Gasnetzwerk Sitgas | 4.500 | Im Entwurfsstadium; Reaktivierung angekündigt; Betrieb ab 2026 geplant, könnte sich verzögern | |
Chancay Hafen (141 ha) | 3.600 | Baufortschritt bei über 30%, Betrieb ab Ende 2024 | Autoridad Portuaria Nacional, COSCO |
Zugverbindung Tren de Cercanías (Lima - Ica, 324 km) | 3.263 | Technische Studien bis August 2023, Bauzeit 4-6 Jahre | |
Neue Zentrale Straßenverbindung Daniel Alcides Carrión (Lima - La Oroya, 186 km) | 3.150 | Abschließende Studien bis Ende 2024, danach Bau, Betrieb ab Februar 2031 | Provías Nacional, Consorcio Egis-Setec (CM/PMO) |
Eisenerzmine Hierro Apurímac (20 Mio. t/Jahr) | 2.900 | Umweltprüfung steht aus |
Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet GTAI auf ihrer Länderseite Peru unter den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".
Konsum: Steigende Lebensmittelpreise dämpfen Entwicklung
Der private Konsum ist in Peru vergleichsweise gering, gilt aber als wichtiger Wachstumsmotor. Steigende Preise, vor allem für Lebensmittel, stagnierende Reallöhne und schwache Investitionen verlangsamen das Wachstum des Privatkonsums allerdings vorübergehend. Für 2023 rechnet EIU mit einem Plus von 2,5 Prozent und für 2024 mit einer stärkeren Zunahme um 2,9 Prozent.
Protestbedingte Versorgungsengpässe und schlechte Ernten haben die Preise in Peru in die Höhe getrieben. Im März 2023 lag die Inflation bei 8,4 Prozent. Allerdings verlangsamt sich diese Dynamik wieder und bis Ende 2023 rechnet Zentralbankchef Julio Velarde mit einer Inflation von rund 3 Prozent. Experten erwarten daher, dass die Zentralbank ihre Geldpolitik mittelfristig wieder etwas lockern wird. Im Juni 2023 lag der Leitzins noch bei 7,75 Prozent.
Außenhandel: Hohe Metallpreise sorgen für wachsende Exporte
Der Informationsdienstleister EIU rechnet für 2023 mit einem Anstieg der Exporte von Waren- und Dienstleistungen um 3,5 Prozent. Die anhaltend hohen Metallpreise stimmen das Institut optimistisch. Ein großes Risiko für Perus Exporte ist allerdings die starke Abhängigkeit von China: 70 Prozent der Kupferausfuhren fließen in das asiatische Land.
Die Importe hingegen werden laut EIU-Prognose geringer ausfallen als im Jahr 2022. Als Gründe nennt das Institut die gesunkenen Weltmarktpreise für Lebensmittel und Brennstoffe sowie die Abschwächung des privaten Konsums und der Investitionen.
2021 | 2022 | Veränderung 2022/2021 | |
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Importe * | 40.338 | 41.221 | 2,2 |
Exporte * | 44.935 | 42.125 | -6,3 |