Wirtschaftsausblick | Senegal
Wirtschaftsboom im Senegal verstärkt sich
Im Jahr 2023 könnte die Wirtschaft um rund 8 Prozent wachsen, ab 2024 sogar zweistellig. Grund ist die anlaufende Förderung von Öl und Gas, sie beflügelt die Gesamtwirtschaft.
16.01.2023
Von Wolfgang Karg | Dakar
Wirtschaftsentwicklung: Unternehmen rechnen mit Fortsetzung des Booms
Das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) des Senegals wuchs nach Angaben des Internationalen Währungfonds (IWF) 2022 mit 4,7 Prozent etwas weniger stark als erwartet. Hauptgrund waren die durch den russischen Angriff auf die Ukraine ausgelösten Preissteigerungen bei Öl, Gas und Lebensmitteln. Dennoch wird das Land nach Prognosen des IWF seinen Wachstumskurs fortsetzen. Nach 8,1 Prozent in 2023 könnte der Senegal 2024 sogar ein Wirtschaftswachstum von 10,4 Prozent erreichen. Damit gehört er zu den wachstumsstärksten Ländern Afrikas mit einem florierenden Privatsektor.
Neben Landwirtschaft und Rohstoffsektor macht das Land große Fortschritte beim Ausbau seiner Infrastruktur und der Entwicklung industrieller Strukturen. Davon profitierte in den vergangenen Jahren bereits die deutsche Exportwirtschaft. Nach einem starken Zuwachs in den Vorjahren gab es jedoch 2022 in den ersten elf Monaten einen leichten Rückgang der deutschen Exporte um rund 12,6 Prozent. Im Jahr 2022 hatte es bei den deutschen Ausfuhren ein Plus von 26 Prozent und 2021 von 17 Prozent gegeben. Besonders gefragt waren Maschinen und Anlagen.
Die Landwirtschaft hat zu diesem Wachstum beigetragen, sie konnte ihre Erträge steigern. Sie profitiert von steigender Nachfrage aus dem Inland und zunehmenden Ausfuhren von Früchten und Gemüse nach Europa. Die Getreideernte des Senegal betrug 2022 nach Angaben der Food and Agriculture Organization (FAO) 3,9 Millionen Tonnen. Damit lag sie gut ein Viertel über dem fünfjährigen Durchschnitt von 3,1 Millionen Tonnen. Importiert wurden 2,7 Millionen Tonnen, davon 50 Prozent aus Russland. Diese Abhängigkeit will die Regierung weiter reduzieren. Sie plant die Landwirte verstärkt mit Dünger und Saatgut zu versorgen und mehr Nahrungsmittel im Land zu produzieren.
Bild vergrößernDie Bauwirtschaft im Senegal wächst aufgrund steigender Investitionen in die Infrastruktur und Bauprojekten von Unternehmen sowie Privatpersonen. Die steigenden Rohstoffpreise führen zu mehr Investitionen in die Förderung von Eisenerz, Phosphat und Gold. Mit der Förderung von Erdöl und Erdgas vor der Küste soll 2023 begonnen werden.
Wirtschaftliche Akteure können sich im Senegal auf ein relativ hohes Maß an Berechenbarkeit des wirtschaftspolitischen Umfeldes verlassen. Das Land ist Teil der G20-Initiative "Compact with Africa" und hat in den vergangenen Jahren eine Reihe von Wirtschaftsreformen umgesetzt. Korruption in Behörden und im Umfeld der Entwicklungshilfe sowie eine intransparente Verwaltung sind jedoch weiterhin Herausforderungen.
Auch die politische Situation im Senegal ist nicht frei von Risiken. Die Regionalwahlen zu Beginn des Jahres 2022 verliefen friedlich und stärkten die Oppositionsparteien. Im Vorjahr war es jedoch zu teils gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen, nachdem die Immunität des Oppositionsführers Ousmane Sonko aufgehoben worden war. 2024 stehen Präsidentschaftswahlen an. Präsident Macky Sall strebt dabei eine umstrittene dritte Amtszeit an.
Indikator | 2020 | 2021 | Vergleichsdaten Deutschland 2021 |
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BIP (nominal, Mrd. US$) | 24,4 | 27,6 | 4.224 |
BIP pro Kopf (US$) | 1.445 | 1.603 | 50.771 |
Bevölkerung (Mio.) | 16,7 | 17,2 | 83,2 |
Wechselkurs (Jahresdurchschnitt, 1 Euro = x CFA-Franc) | 656,0 | 656,0 | - |
Im Zuge der positiven wirtschaftlichen Entwicklung interessieren sich internationale Investoren zunehmend für das Land. Sie kommen verstärkt aus China, Indien, der Türkei, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Marokko. Die Länder wollen auch ihren politischen Einfluss stärken. Frankreich hat etwas an Dominanz verloren, ist aber noch immer stark vertreten. Insgesamt ist der Senegal offener geworden für neue Partnerschaften. Besonders attraktiv ist der Senegal für Unternehmen, die von dort ihre Aktivitäten in Westafrika ausüben wollen.
Investitionen: Senegal bleibt für Geldgeber attraktiv
Senegal verfügt über ein gutes Investitionsklima und auch die mittelfristigen Aussichten bleiben positiv. Mit der Ansiedlungsagentur APIX (L'agence pour la promotion des investissements et grands travaux) wurde eine Anlaufstelle für ausländische Investoren geschaffen, die dem Vernehmen nach gute Arbeit leistet. Besonders die Branchen Energie, Abfallwirtschaft, Wasserversorgung und Gesundheit bieten ausländischen Unternehmen vielfältige Chancen. Im bestehenden Medizinzentrum von Dakar, dem Institute Pasteur, soll als Reaktion auf die Coronapandemie eine Impfstoffproduktion aufgebaut werden.
Die größten Summen - bis 2023 insgesamt knapp 10 Milliarden US-Dollar - investieren derzeit das britische Unternehmen BP und das australische Unternehmen Woodside jeweils in die Förderung von Erdöl und Erdgas.
Auch der Tourismus entwickelt sich weiter. Die deutsche TUI-Gruppe hat 2022 mit ihrer Konzernmarke RIU ein Fünf-Sterne-Hotel eröffnet und bietet Direktflüge ab Deutschland an.
Projektbezeichnung | Investitionssumme (Mio. Euro) *) | Projektstand | Projektträger |
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Tiefseehafen Ndayane | über 1.100 | Im Bau; Fertigstellung 2026 | |
Neubau des Wasserkraftwerks Sambangalou am Fluss Gambia | rund 440 | Im Bau; Fertigstellung 2021/22 | Organisation pour la Mise en Valeur du Fleuve Gambie (OMVG) |
Dakar Bus Rapid Transit Pilot Project | rund 390 | Umsetzung bis Mitte 2023 geplant | |
Kapazitätenaufbau für die städtische Müllentsorgung | rund 125 | Laufzeit bis 2026 | Internationale Entwicklungsorganisation (IDA) |
Dakar Diamniadio (Stadt des Sports) | rund 46 | 2023/24 | |
Einführung einer integrierten Müllentsorgung | rund 320 | 2020-2026 |
Konsum: Umkämpfter Markt im Einzelhandel
Die durchschnittliche Kaufkraft der Bevölkerung dürfte nach inflationsbedingten Einbußen 2022 wieder zulegen. Auf dem Konsumgütermarkt konkurrieren französische Supermarktketten wie Carrefour, sowie Casino und Auchan mit lokalen Anbietern. Der französische Konzern E. Leclerc will ebenfalls im Senegal expandieren.
Auch der nationale Einzelhandel expandiert. So hat sich das Tankstellennetz EDK des senegalesischen Unternehmers Demba Kâ erfolgreich zu Einzelhandelszentren gewandelt, mit Restaurants und Supermärkten. Ebenso bauen die Hersteller von Nahrungsmitteln, Kosmetik- und Hygieneprodukten ihre Kapazitäten stetig aus. Auch die Startup-Szene im Senegal boomt.
Außenhandel: Deutsche Unternehmen bauen Präsenz aus
Waren aus Deutschland dürften auch in den kommenden Jahren stark nachgefragt werden. Im Jahr 2021 hatten die deutschen Ausfuhren ein Rekordvolumen in Höhe von 189 Millionen Euro erreicht. In den ersten elf Monaten des Jahres 2022 sind die Ausfuhren zwar um 12,6 Prozent zurückgegangen, aber das anhaltend hohe BIP-Wachstum wird die Nachfrage deutscher Produkte weiter steigern.
2020 | 2021 | Veränderung 2021/2020 | |
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Importe | 7,1 | 8,0 | +12,6 |
Exporte | 4,1 | 5,0 | +21,0 |