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Wirtschaftsausblick I Tadschikistan

Tadschikistans Industrie will endlich durchstarten

Tadschikistans Wirtschaft legt 2024 voraussichtlich um etwa 7 Prozent zu. Konjunkturtreiber sind der Privatverbrauch und ein ehrgeiziges Investitionsprogramm.

Von Uwe Strohbach | Duschanbe

Top-Thema: Industrieoffensive trägt erste Früchte

Die Industrieproduktion Tadschikistans soll 2024 real um 21 Prozent wachsen, nach einem Plus von 12 Prozent im Vorjahr. Diese Entwicklung ist auf eine Industrialisierungsinitiative der Regierung aus dem Jahr 2022 zurückzuführen, die sich zum Ziel gesetzt hat, die jährliche Industrieproduktion von 3,9 Milliarden US-Dollar (US$) im Jahr 2022 auf rund 8 Milliarden US$ im Jahr 2026 zu verdoppeln und den Anteil des Sektors am Bruttoinlandsprodukt (BIP) von 17 Prozent auf 26 Prozent zu steigern. Darüber hinaus sollen bis dahin 900 meist kleine und mittlere Unternehmen gegründet werden. 

Die Schwerpunkte liegen in den Bereichen Nahrungsmittel, Textil, Bekleidung, Leder, Pharmazie, Baustoffe und Metallverarbeitung. Ausländische Zulieferer und Investoren beteiligen sich an den Projekten und liefern vor allem Maschinen und Anlagen. Das zentralasiatische Land verfügt in diesem Bereich über keine eigene Produktion. 

Wirtschaftsentwicklung: Hohes Wachstum basiert auf breiter Basis 

Für 2023 und 2024 rechnet die Regierung mit einer Steigerung des BIP um jeweils 8 Prozent. Volkswirte von Geberbanken erwarten Zuwächse von 6,5 bis 7,3 Prozent. Die Prognosen stützen sich dabei auf positive Aussichten beim Konsum, der verarbeitenden Industrie, der Land- und Bauwirtschaft und bei Dienstleistungssektoren wie Transport und Tourismus.

Die prognostizierten Wachstumsraten sind jedoch kritisch zu betrachten, da sie von einer niedrigen Ausgangsbasis ausgehen. Angesichts der schwachen Wirtschaftskraft und einer wachsenden Bevölkerung, die jährlich um knapp 2 Prozent zunimmt, sind die Zuwächse kein Garant für eine tatsächliche Verbesserung der sozioökonomischen Situation in dem 10-Millionen-Einwohner-Land. Tadschikistan zählt, gemessen am erwirtschafteten BIP pro Einwohner, weiterhin zu den am wenigsten entwickelten Ländern der Welt. Einen Überblick über die wirtschaftlichen Kennzahlen des Landes bieten unsere Wirtschaftsdaten kompakt.

Die Wirtschaft ist stark abhängig von internationalen Geldern und Rücküberweisungen der im Ausland arbeitenden Staatsbürger. Die jährlichen Transfers entsprechen etwa einem Drittel des BIP. Demgegenüber steht eine wenig diversifizierte Industrie. Die Rahmenbedingungen für private Unternehmen bleiben aufgrund unzureichender Liberalisierungsfortschritte, einer schwachen Justiz und weitverbreiteter Korruption schwierig.

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Investitionen haben noch viel Luft nach oben

Die Bruttoanlageinvestition nehmen spürbar zu, sind aber volumenmäßig gering. Schätzungen für 2023 gehen von knapp 1,8 Milliarden US$ aus. Gut ein Drittel des jährlichen Investitionsvolumens entfällt auf haushaltsfinanzierte oder kofinanzierte Projekte. Schwerpunkte sind der Straßenbau und die Energiewirtschaft. 

Die größte Baustelle des Landes ist das milliardenschwere Wasserkraftwerk Rogun, an dem seit 2008 wieder gearbeitet wird. Für das Megaprojekt rührt Tadschikistan jetzt verstärkt bei Geberbanken die Werbetrommel für Kofinanzierungen. 

Die Privatwirtschaft steht für 20 bis 25 Prozent der jährlichen Investitionen. Sie profitiert von Programmen zur Förderung der Importsubstitution. Im Jahr 2023 floss insgesamt rund 1 Milliarde US$ an ausländischem Kapital ins Land (inklusive verlorener Zuschüsse).

Kaufkraft verharrt auf niedrigem Niveau 

Im Ranking der Kaufkraft belegt Tadschikistan unter allen Nachfolgestaaten der Sowjetunion den letzten Platz. Eine hohe Armut und Arbeitslosigkeit sowie geringe Löhne von gerade einmal 185 US$ im Monat (2023) schränken die Absatzchancen für westliche Konsumgüter deutlich ein. Die Armut spiegelt sich auch in dem geringen Urbanisierungsgrad des Landes wider. Nur etwa 30 Prozent der Bevölkerung leben in Städten. 

Die monatlichen Pro-Kopf-Ausgaben im Einzelhandel betrugen 2023 nur 42 US$. Gut 60 Prozent ihres Geldes geben die Haushalte für Nahrungsmittel aus. Steigende Lebensmittelpreise sind für sie eine große Belastung. Eine wesentliche Stütze des Konsums sind die Geldüberweisungen tadschikischer Gastarbeiter aus Russland. 

Importe nehmen weiter zu

Der Privatverbrauch, das Baugewerbe und Investitionen kurbeln die Importe an. Im Jahr 2023 stiegen die Einfuhren um nominal 13,8 Prozent auf rund 5,9 Milliarden US$. Zuwächse gab es vor allem in den Sparten Transportmittel sowie Maschinen und Ausrüstungen. Hauptbezugsländer waren Russland (26,9 Prozent), China (20,2 Prozent) und Kasachstan (15,2 Prozent). Für 2024 und 2025 ist ein weiteres Anziehen der Importe zu erwarten.  

Die Exporte entwickeln sich weiterhin schwach. Fast die Hälfte der Ausfuhren entfiel 2023 auf Edelmetalle, insbesondere Gold. Weitere wichtige Produkte sind Baustoffe, Primäraluminium, Baumwollfasern und Trockenfrüchte. Tadschikistan exportiert vor allem in die Schweiz (47 Prozent Exportanteil, vor allem Gold), nach China (13 Prozent) und Kasachstan (10 Prozent). Für 2024 erwartet die Regierung ein Ausfuhrvolumen von bis zu 2,8 Milliarden US$. 

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Deutsche Perspektive: Infrastrukturprojekte und Importablösung bieten Geschäftschancen 

Geschäftschancen für deutsche Firmen ergeben sich bei staatlichen und überwiegend international finanzierten Projekten, vor allem in den Bereichen Verkehrswege, Energie, Kommunalwirtschaft, Agrarproduktion, Wasserwirtschaft, Gesundheit und Bildung. Lieferchancen bieten auch zunehmende Aktivitäten privater Firmen für den Ausbau ihrer Kapazitäten, darunter insbesondere im verarbeitenden Gewerbe. 

Die deutschen Exporte nach Tadschikistan steigen seit 2022 von einem niedrigen Niveau aus sichtbar an. Im Jahr 2023 haben sie sich im Vergleich zu 2021 auf 79 Millionen Euro mehr als verdoppelt. Geliefert werden vor allem Maschinen und Ausrüstungen, Fahrzeuge und chemische Erzeugnisse. Die deutschen Importe aus Tadschikistan sind vernachlässigbar.  

Informationen zu aktuellen geberfinanzierten Projekten bietet die GTAI-Länderseite Tadschikistan unter den Rubriken "Ausschreibungen" und "Entwicklungsprojekte".

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